Über 250 Personen trafen sich am 26. Februar zum 5. Nationalen Paging-Kongress in Berlin. Im Mittelpunkt standen die Information und der Erfahrungsaustausch zum Thema „Alarmierung der nichtpolizeilichen BOS“. Schirmherr der Veranstaltung ist Hans-Peter Kröger, Präsident des Deutschen Feuerwehrverbandes. Seine Rede zur Eröffnung finden Sie anbei.
Hans-Peter Kröger, Schirmherr des Paging-Kongresses.
Sehr geehrter Herr Dr. Gollnick
sehr geehrte Referentinnen und Referenten,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
als frischgebackener Schirmherr begrüße ich Sie alle hier im Dorint Novotel zu einer Veranstaltungsreihe, die sich inzwischen fest etabliert hat: Es ist der mittlerweile 5. Nationale Paging-Kongress, und das Interesse an diesem Symposium steigt von Mal zu Mal.
Ich danke Ihnen, Herr Dr. Gollnick, für die Initiative und Ausrichtung dieses Kongresses in der Hauptstadt, ganz in der Nähe der Bundesregierung und des Parlaments, und in diesem Jahr mit dem Tagungsort am Tiergarten noch ein Stückchen näher am Bundesministerium des Innern eines Kongresses also in der Nähe all derer, die Verantwortung für Sicherheit in Deutschland tragen und die Entscheidungen zu Ausstattung und Standards treffen müssen.
Bei aller gebotenen Neutralität gegenüber Unternehmen und der unbedingten Verpflichtung, die in bestimmten Fragen auch unterschiedlichen Interessen unserer Mitglieder zu vertreten, unterstützen wir den 5. Nationalen Paging-Kongress gern. Er ist eine Plattform, auf der Lösungen auch aus europäischen Nachbarländern auf ihre Praxistauglichkeit hin abgeklopft werden können, und er ist eine Plattform, auf der drängende Fragen in der Weiterentwicklung unserer Kommunikationsnetze organisationsübergreifend von Anwendern und Anbietern erörtert werden können.
Das Programm spiegelt diese Vielfalt wieder, und trotz der Fülle an Fragen ist der Nationale Paging-Kongress in seiner Form doch einmalig. Der Deutsche Feuerwehrverband hat diesen Kongress von Anfang an ideell unterstützt. Dies verdanken wir dem Engagement von Albrecht Broemme, der als Vizepräsident unseres Verbandes bislang die Schirmherrschaft ausgeübt und den Kongress auch inhaltlich mit Leben erfüllt hat. Dafür danken wir ihm sehr.
Aus Sicht des Deutschen Feuerwehrverbandes möchte ich Ihr Augenmerk, meine Damen und Herren, heute auf drei Themenfelder lenken:
auf die Entwicklung hin zu Regionalleitstellen
auf die Warnung der Bevölkerung durch Rauchwarnmelder und
auf den Zeitpunkt und die Art der Einführung des digitalen Sprech- und Datenfunks für die Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben.
Der Start in dieses neue Kommunikationszeitalter mit Hilfe der Digitaltechnik wird sich auf die Feuerwehren und auch auf alle anderen Organisationen in der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr ohne Zweifel in allen Bereichen spürbar auswirken:
Wir werden lernen müssen, ganz neue Kommunikationsmöglichkeiten effektiv zu nutzen und dazu unsere Ausbildung umstellen müssen.
Wir werden uns von althergebrachter Technik lösen müssen, die wir beherrschen und in die wir sicher auch viel direkter eingreifen können, als das künftig der Fall sein wird.
Wir werden erhebliche Investitionen tätigen müssen, um einheitliche Standards zu erhalten und die Vorteile dieser Technik damit auch von Anbeginn für alle voll ausschöpfen zu können.
Wir werden mit den Betreibern des neuen Netzes Lösungen finden müssen, um die Feuerwehren und die anderen Nutzer nicht dauerhaft mit hohen Gebühren zu belasten und damit unser flächendeckendes System zu gefährden.
Vor allem aber: Wir werden uns weiter in Geduld üben müssen, nach allem was wir wissen und das ist eine schlechte Nachricht im Frühjahr 2007, fast ein Jahr nach der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland, mit der auch das neue Digitalsystem ja eigentlich an den Start gehen sollte.
Können Sie, meine Damen und Herren, sich noch an die vielen Wege erinnern, die in den vergangenen Jahren beschritten wurden?
Das Abspecken der Leistungsfähigkeit des Netzes festgehalten im so genannten GAN-Papier für die Gemeinsamen Anforderungen ans Netz sollte den Durchbruch für die Umsetzung bringen.
Wir haben auf das Geleitzug-Prinzip gesetzt, das heißt, der Bund und einige Länder sollten mit der Einführung voranschreiten und denjenigen den Start erleichtern, die noch zögerten eine Art Koalition der Willigen, wenn mir diese Anleihe erlaubt sei.
Wir sind zuletzt davon ausgegangen, dass der Bund gemeinsam mit der DB Telematik das so genannte Rumpfnetz aufbaut und den Ländern individuelle Möglichkeiten des Ausbaus eröffnet. Auch diese Lösung, das wissen Sie alle, meine Damen und Herren, ist aus wirtschaftlichen Gründen wieder verworfen worden.
Wie stellt sich der Sachstand heute dar, im Februar 2007? Es ist alles wieder offen. Und: Es droht, wovor wir immer gewarnt haben ein Flickenteppich über Deutschland. Die rote Laterne als gemeinsames Schlusslicht mit Albanien, wie es Albrecht Broemme einmal zugespitzt hat, bei der Digitalfunk-Einführung in Europa werden wir so schnell nicht abgeben.
Bund und Länder betonen zwar den gemeinsamen Willen, den digitalen Sprech- und Datenfunk weiterhin bis zum Jahr 2010 auf Sendung zu bringen, das ist erklärtes politisches Ziel. Doch sie sind uneins über die Umsetzung, über die Planung, über die Errichtung und über die Betriebsaufgaben.
Im bisherigen Konzept wird am Rumpfnetz festgehalten: Der Bund sichert lediglich eine Grundversorgung, die Länder können nach regionalen Anforderungen auf dieses Rumpfnetz aufrüsten.
Es gibt nach dem entsprechenden Vergabeverfahren und nach einigem Hin und Her noch keinen Auftrag zur Umsetzung. Die Umsetzung eines alternativen Konzepts zu dem verworfenen mit der DB Telematik muss umgehend inhaltlich und kostenmäßig weiter entwickelt werden, damit eine abschließende Entscheidung von Bund und Ländern noch im März 2007 getroffen werden kann.
Dabei gibt es mehrere Knackpunkte: die gemeinsame und einheitliche Einführung bei Bund und allen Ländern, das Einhalten einheitlicher Funkstandards sowie das Beibehalten der zwischen Bund und Ländern vereinbarten Kostenverteilung.
Wir warten noch immer auf den Aufbau einer Referenzplattform, damit so schnell wie möglich die technischen und praktischen Grundlagen für die Errichtung des Gesamtnetzes geschaffen werden können.
Bei der Alarmierung der Freiwilligen Feuerwehren, und dies sollte in den Fokus des 5. Nationalen Paging-Kongresses rücken, bestehen völlig unterschiedliche Auffassungen.
Die Länder Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz haben sich offenbar für Paging als Bestandteil des TETRA-Netzes entschieden. Dies bedingt natürlich auch eine andere Ausbaustufe des Netzes. Die Inhouse-Versorgung muss flächendeckend sichergestellt sein.
Andere Länder, zum Beispiel Baden-Württemberg, favorisieren bestehende Lösungen im Pocsag-Standard mit Datenübermittlung im derzeit noch verfügbaren 2-Meter-Band.
Nordrhein-Westfalen will es offensichtlich jedem Landkreis selbst überlassen, ob eine Alarmierung digital aktiv, digital passiv oder anders erfolgt.
Fest steht: Es wird im Hinblick auf die Alarmierung der Freiwilligen Feuerwehren in Deutschland tatsächlich unterschiedliche Lösungen geben. Eine Einheitlichkeit im föderativen Deutschland ist nicht mehr gegeben.
Das Präsidium des Deutschen Feuerwehrverbandes hat sich jüngst intensiv mit der aktuellen Entwicklung auseinandergesetzt und sie mit großer Sorge zur Kenntnis genommen. Um es deutlich zu sagen: Wir sehen die angekündigten Fortschritte und vor allem den ja bereits nach hinten verschobenen Zeitpunkt der Einführung bis 2010 in akuter Gefahr.
Wir appellieren an Bund und Länder, endlich ihre Hausaufgaben zu machen und schnellstmöglich die notwendigen Voraussetzungen zur Einführung zu schaffen. Grundlage dafür ist eine wirtschaftliche Auftragsvergabe bis zum März 2007, die unsere Kernanforderungen berücksichtigt:
ein flächendeckendes System für den Sprech- und Datenfunk,
die Möglichkeit, Paging auch in TETRA zu betreiben, und
vertretbare Investitions- und Betriebskosten für die Nutzer.
Ich erhoffe mir sehr, Herr Adling, dass Sie uns gleich erhellende und vor allem erfreulichere Nachrichten über den Sachstand berichten können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
lassen Sie mich die beiden anderen Schwerpunkte für die Feuerwehren beim 5. Nationalen Paging-Kongress auch kurz skizzieren:
Deutschland erlebt eine Neustrukturierung und Verdichtung bei den Leitstellen, die alle Weiterentwicklungen der vergangenen Jahre in den Schatten stellt. Das Thema Paging ist dabei von zentraler Bedeutung und es bietet die Chance, hier für große Bereiche auch neue, zeitgemäße Systeme einzuführen. Darüber muss sich jeder Träger Gedanken machen, der eine Neuordnung und Zusammenlegung zu Regionalleitstellen vollzieht.
Einen echten Rückschritt müssen wir beim Thema Warnung der Bevölkerung aufholen. Seit der flächendeckende Warndienst durch Sirene nach dem Ende des Kalten Krieges abgeschafft wurde, gibt es kein geeignetes System mit einem Weckeffekt für die Bevölkerung. Was nützt nachts die schnellste Information der Medien über Satellit, wenn die Menschen arglos in den Betten liegen und schlafen?
Der Deutsche Feuerwehrverband schlägt vor, diesen Weckeffekt über Rauchwarnmelder zu realisieren. Wie so oft feiert auch hier der Föderalismus fröhliche Urständ: Von einer einheitlichen Einbaupflicht sind wir noch weit entfernt, und das schwächt diese Lösung.
Zusammen aber sind der bundesweit verbindliche Einbau von Heimrauchmeldern und die Warnung im Gefahrenfall über ein Funksignal unschlagbar. Beides bringt den Bürgerinnen und Bürgern einen Sicherheitsgewinn von noch unvorstellbarem Ausmaß.
Ich freue mich, dass mein Vorstandskollege, DFV-Vizepräsident Bernd Pawelke, im Rahmen des 5. Nationalen Paging-Kongresses zum aktuellen Sachstand berichten darf, und ich danke Ihnen, Herr Dr. Gollnick, dass Sie unseren Ansatz so aktiv begleiten. Wir hoffen, dass der 5. Nationale Paging-Kongress auch diesem wichtigen Thema eine Plattform bietet, zu praxisgerechten und rasch umsetzbaren Lösungen zu kommen.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen, meine Damen und Herren, eine erfolgreiche, eine ergebnisorientierte und eine interessante Tagung. Herzlichen Dank!