Regungslos liegt der Verletzte - nennen wir ihn Willy - auf der Trage. Vier Feuerwehrgesellen greifen beherzt zu. Ihr Ziel: Willy zu retten. Willys Pech: Seine Helfer sind blind. Am Wochenende trafen sich am Güglinger Sportplatz 70 Jugendliche aus dem Landkreis zu Geschicklichkeits-, Technik- und Sportaufgaben.
"Jugendflamme Stufe 2" nennt sich die Prüfung, die die Jugendfeuerwehren von Jagsthausen bis Löwenstein freiwillig bei Kreisjugendwart Knut Steinbauer absolvieren können. Die Rettung von Willy ist besonders tückisch. In Fünfergruppen muss der blaue Sandbeutel samt Trage durch einen Hindernisparcours aus Slalomhütchen, Holzbrettern und Absperrseilen gebracht werden.
Klingt einfach. Doch Philip (15), Mario, Patrick und Christian (13) von der Freiwilligen Feuerwehr Offenau werden vorher die Augen verbunden. Wenn's brennt und qualmt, wäre die Sicht kaum besser.
Nur Teamchef Silvano Landolfi (15) sieht noch, wo's lang geht. Mit Kommandos dirigiert er seine Gruppe Richtung Ziel. "Jetzt das Bein heben." Oder: "Tief in die Hocke." Doch nicht immer werden die Ratschläge sofort umgesetzt. Die Offenauer kassieren reichlich Strafzeiten. Beim Gang über einen Pulk Kanister geraten sie aus dem Gleichgewicht. Die Trage kippt zur Seite. Zum Glück ist Willy festgeschnallt.
"Jeder macht mal Fehler",sagt Mario Landolfi (13). "Aber deshalb üben wir ja." Betreuer Marcus Kühn nickt: "Meine Jungs sind ein ziemlich chaotischer Haufen. Aber wenn's drauf ankommt, halten sie zusammen." Im Ernstfall dürften sie ohnehin erst mit 18 Jahren helfen.
Zwölfeinhalb Minuten brauchen die Offenauer durch den 50-Meter-Parcours - zwölf Fehler inklusive. Das Einsatzteam Schwaigern II schafft die gleiche Strecke in 4:40 Minuten bei nur einem Fehler. "Das haben wir seit Mai jede Woche geübt",sagt Jugendwart Gunther Lang (48), der sich seit 20 Jahren im Leintal um den Feuerwehr-Nachwuchs kümmert. 37 Jungs hat er zurzeit, aber nur ein Mädchen.
Da wandert so mancher neugierige Blick hinüber zu den beiden Mannschaften der Freiwilligen Feuerwehr Bonfeld. Im Kraichgau haben die Frauen das Sagen: Jasmin, Jennifer, Liza, Eileen und Co sind mit reinen Mädchenteams am Start. "Unsere Jungs haben alle irgendwann aufgegeben",sagt Corina Slocinski (16). "Mädchen sind eben hartnäckiger." Nur Jugendwart Frank Rieth (32) darf bei den wöchentlichen Übungsabenden, Grillfesten oder Zeltlagern noch mitmischen. "Mädchen diskutieren lieber und zicken auch mal rum",hat er gelernt. "Aber dafür sind sie ordentlicher und gründlicher."
Die meisten stammen wie Nicole Hofmann (14) aus richtigen Feuerwehrfamilien. Auch Papa Achim, ihr Opa und ihre beiden Cousins sind Brandbekämpfer. Ob die älteren Bonfelder Floriansjünger bereits vor soviel Mädchenpower zittern, wenn die Truppe in zwei, drei Jahren zu den Aktiven wechselt? "Nein, nein",sagt Rieth. Und grinst.
In Güglingen lassen die Bonfelderinnen manche Jungentruppe weit hinter sich. Neben dem armen Willy gibt es einen Staffellauf mit Strahlrohr, Weitsprung, Technik-Fragen und einen simulierten Löschangriff. Wieder und wieder müssen die angehenden Brandbekämpfer erklären, was ein Öldruckheber ist, wie ein Blechaufreißer funktioniert oder eine Schlauchleitung über einen Graben legen.
Kreisjugendwart Steinbauer: "Die sind prima vorbereitet." Die Jugendflamme bestehen alle problemlos.
Fotos: Gustav Döttling