Hochwasserschutzwand hat Bewährungsprobe bestanden
Ergiebige Regenfälle haben am Mittwoch, den 20.3.2002 die Flüsse im Land Baden- Württemberg erheblich anschwellen lassen. Bereits am Morgen zeichnete sich ab, dass mit Überschwemmungen im Bereich des Neckars und Jagst, hauptsächlich aber am Kocher gerechnet werden muss.
Die erste Alarmmeldung über den an der Mühle Kochendorf installiertem Pegel erfolgt um 04.15 Uhr über Funktelefon zum Kommandanten und zur Hochwasservor-hersagezentrale (HVZ) in Karlsruhe. Das Wasser hatte am Pegel einen Stand von 5,5m, dies sind 1,5m über dem Normal- Wasserstand, erreicht.
Nach dem Hochwasseralarmplan sind hier erste Vorsorgemaßnahmen erforderlich. Es ist der Verschluss der kleinen Hochwasserschutzwand bei der Mühle einzubringen und die Schütze im Ober- und Unterwasser des Mühlkanals bei der Mühle sind zu schließen.
Die nächste Alarmmeldung erfolgte um 10 Uhr. Die Kontakte mit der HVZ führten zu dem Ergebnis, dass aufgrund der Niederschläge und der Wettervorhersage mit einem größeren Hochwasser zu rechnen ist. Die errechnete Prognose der HVZ lag bei 8 m, dies sind ca. 1 m über dem Straßenniveau bei der Mühle Schmid.
Die "kleine Schutzmauer" ermöglicht einen Schutz vor der Überflutung der Mühlstraße bis 90 cm über Straßenhöhe. Dazu müssen Reserven eingebaut werden. Dies führte um 12 Uhr , nachdem das Wasser den Stand von 6,5 m erreicht hatte, zu der Entscheidung die mobile Hochwasserschutzwand zwischen Mühle Kochendorf und dem Kleintierzüchterheim aufzubauen. Aufgrund der Vorhersage der HVZ sollte die Wand zunächst 2 m hoch aufgebaut werden. Dies entspricht einem Schutz bis zu einem Hochwasserstand von 9 m (149m NN). Dabei wären 1 m Reserve geblieben.
Um 14 Uhr begannen 8 Feuerwehrleute und 8 Baubetriebshofmitarbeiter mit dem Aufbau der Wand, um 16.30 Uhr war ein Schutz mit 2 m aufgebaut. Nach Fortschreibung der Hochwasserprognose durch die Hochwasservorhersagezentrale für die Mühle Kochendorf auf 8,7 m wurden die Dammbalken um 23 Uhr auf 2,35 m erhöht.
Der Anstieg des Wasserstands auf 9 m gegen 24 Uhr machten weitere Maßnahmen erforderlich. Da damit gerechnet werden musste, dass die Wand über 2 m eingestaut werden wird, mussten an den Stützen der mobilen Hochwasserschutzwand Abstre-bungen angebracht werden. Gleichzeitig wurden die Dammbalken auf eine Schutzhöhe von 4,5 m erhöht. Bauhof und Feuerwehr waren damit bis 8 Uhr des 21.3.2002 beschäftigt. Das Ansteigen des Wassers machte auch notwendig, die Verschlüsse in den Öffnungen der festen Hochwasserschutzmauern am Schlosspark einzubringen. Mit Abschluss dieser Schutzvorsorgemaßnahmen war der Ortskern von Kochendorf bis zu einer Höhe von 151,5m NN geschützt. Das Weihnachtshochwasser 1993 erreichte einen Stand von 150,4 m NN.
Das Wasser erreicht um 12.00 Uhr am 21.3.2002 den Höchstwert (Scheitel) mit einer Höhe von 9,5 m (149,5 NN). Die Wand war mit 2,5 m Höhe eingestaut. Dies war seit Fertigstellung der Baumaßnahme im November 1999 nach insgesamt 7 Aufbauten der höchste Stand.
Mit dem Aufbau der Wand wurde eine Überflutung, die über den Marktplatz hinausgegangen wäre, vermieden. Vergleichbar große Hochwasser waren 1931 (149,68 NN), 1956 (149,67 NN) und 1988 (149,3 NN).
Viele Bewohner des Unterdorfs Kochendorf brachten ihre Dankbarkeit zum Ausdruck, dass durch die Baumaßnahme der Stadt und den Einsatz des Baubetriebshofs und der Feuerwehr ihre Häuser bei diesem Hochwasser trocken blieben. Das Hotel Schloss Lehen wurde vor Überflutung geschützt. Dies war insbesonders auf die Abspundung um das Schloss zurückzuführen.
Feuerwehr und Baubetriebshof blieben der Aufwand zum Auspumpen vollgelaufener Keller und das Reinigen von Straßen erspart.
Bis kurz vor Eintritt des Hochwassers von der Rückseite des Kleintierzüchterheims wurde der Zugang zur Reithalle offen gehalten. Die Reithalle liegt außerhalb des Schutzgebiets und wird ab einer Wasserhöhe von ca. 9 m überschwemmt. Schon rechtzeitig wurden nach Vorgabe des Hochwassereinsatzplans der Reiterverein ge-warnt und zur Räumung der Halle und der Gaststätte aufgefordert. Ein Großteil der Pferde wurde in eine von der Stadt dem Reiterverein zur Verfügung gestellten Notunterkunft am Riedweg gebracht.
Weiter Warnungen waren im Bereich des Neckars notwendig. Das Vereinsheim des Vereins für Deutsche Schäferhunde musste geräumt werden. Es wurde der erhöhte Vereinsraum ca. 30 cm überflutet.
Die Jagst in Untergriesheim brachte einen seit langem nicht mehr erreichten Wasserstand. Auch hier waren Vorsorgemaßnahmen durch Bereitstellung und Einbringung von Sandsäcken notwendig. Die Jagststraße wurde überflutet und musste gesperrt werden.
Die Überflutung Bereiche der Hübsch- Jörgen- Siedlung und der Ökoase wurde durch das rechtzeitige Schließen des Wehrs in Hagenbach vermieden. Der Fahrberg (Neckarufer) in Jagstfeld und die Zufahrt zum Salinengebiet wurden überflutet und mussten gesperrt werden. Überflutet und gesperrt wurden auch die Fußwege nach Untereisesheim, der Weg am Salinekanal nach Hagenbach und der Radweg von Jagstfeld nach Heuchlingen.
Die Bewährungsprobe hat auch das Polterpumpwerk Kochendorf bestanden, wobei hier technische Probleme auftraten, welcher einer Lösung bedürfen. Die Pumpen mussten das hinter der Hochwasserschutzwand durch die starken örtlichen Niederschläge in erheblichen Mengen angefallene Wasser in das Hochwasser des Salinen-kanals drücken. Die Energie hierfür liefert ein von einem Dieselmotor angetriebenes Stromaggregat.
Sofort nach Rückgang des Hochwassers wurden am Samstag die verschmutzten Straßen gereinigt und wieder für den Verkehr freigegeben. Viele Verkehrsteilnehmer konnten es nicht erwarten bis die offizielle Freigabe erfolgte. Absperrungen wurden ohne Rücksicht der Gefahr durch Verschmutzungen und Restwassers eigenmächtig zur Seite gestellt und nach erneuter Absperrung wurde diese einfach ignoriert und die gesperrten Straßen befahren. Dadurch wurde auch das Reinigungspersonal gefährdet. Erst die Zuziehung der Polizei brachte hier Einsicht, wobei auch gebührenpflichtige Verwarnungen ausgesprochen wurden.
Behinderungen ergaben sich auch wieder durch die Ignorierung der aufgestellten Halteverbotsschilder an den Zufahrtsstraßen zum Mühlwörth. Die Pressemitteilungen über die Erstellung der Hochwasserschutzwand führten insbesonders in den Abend- und Nachtstunden zu Besichtigungen von vielen Interessierten aus nah und fern. Solange die Wand eingestaut war, musste diese aus Sicherheitsgründen von der Feuerwehr mit Unterstützung des städt. Vollzugsdienstes und der Polizei ständig beaufsichtigt werden.