Ein paar verkohlte Holzbalken und angesengte Mauerstücke: Viel ist von dem Dachstuhl des alten Fachwerkhauses, das Anfang der Woche in Pfaffenhofen-Weiler niedergebrannt ist, nicht übrig geblieben. Dass nichts Schlimmeres passierte, verdankt die Bewohnerin zwei jungen Türken.
„Ach je“, meint Bunjamin Yildrim und schaut auf die Brandruine. „Sind wir jetzt so wichtig, dass da gleich die Presse kommen muss? Das ist doch eigentlich ganz normal, bei sowas zu helfen.“ Als er in der Nacht zum Dienstag kurz nach 1 Uhr heimkehrt in die Lindenstraße, ist alles ganz normal. 20 Minuten später brennt das alte Fachwerkhaus gegenüber lichterloh.
1.30 Uhr. Akin Yildrim (21) versucht gerade einzuschlafen, als er lautes Knistern hört. „Ich dachte erst, da lärmt ein Betrunkener.“ Doch weil das Knacken nicht leiser wird, schaut er aus dem Fenster - und entdeckt, dass im Dachstuhl des Altbaus ein Feuer lodert.
Angst? Nicht Akin Yildrim. Schließlich arbeitet er als Werkstoffprüfer bei der Brackenheimer Härterei Reese und ist den Umgang mit Brennbarem gewöhnt. „Ich habe keine Angst vor dem Feuer. Höchstens Respekt.“ Der 21-Jährige zieht sich Hose und Schuhe an, weckt Mutter Perihan und Schwester Tevran: „Ruft Hilfe!“ Und schon ist er nach draußen verschwunden.
Sein Bruder Bunjamin (30) alarmiert die Feuerwehrleitstelle, dann eilt auch er zum Nachbarhaus. Dass der Dachstuhl längst lichterloh brennt - egal. Akin Yildrim klingelt kurz. Doch zum Warten bleibt keine Zeit. Weil die Bewohnerin, eine 84-Jährige, sich nicht meldet, tritt der junge Türke kurzerhand die Tür ein. Küche, Wohnzimmer, Schlafzimmer. Raum für Raum durchsucht er das Gebäude nach der Frau.
Die schläft noch - und hat Glück im Unglück. Die Holztür, die das Schlafzimmer mit dem brennenden Treppenhaus verbindet, ist geschlossen. So breiten sich Rauch und Qualm nur im ersten Stock aus.
Als die beiden Männer herein stürmen, ist die Frau verwirrt. Während sie noch fragt, wo's denn brennt, trägt Bunjamin Yildrim sie auch schon huckepack ins Freie („Diskutieren kann man später“) und packt sie in eine warme Decke.
Wie gefährlich der Einsatz war, zeigt sich bereits zwei Minuten später. Da zerplatzen wegen der Hitze die ersten Dachziegel und stürzen als glühende Geschosse herab. Und weil direkt über dem Haus eine Stromleitung verläuft, fliegt die Sicherung raus. Stromausfall in der Lindenstraße.
„Das war sehr mutig“, meint Gerhard Stuber, Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr. Mit drei Dutzend Helfern sind die Abteilungen von Weiler und Pfaffenhofen, Rotkreuz, Notarzt und Polizei später vor Ort. Der Dank an die Lebensretter ist groß. Ob sie Helden sind? Akin Yildrim grinst: „Unsere Schwester hält uns für Vollidioten, dass wir das riskiert haben. Aber ich würde es jederzeit wieder tun. Hauptsache, unserer Nachbarin geht es gut.“ Sein Bruder nickt: „Zum Nachdenken hatten wir eh keine Zeit.“