Feuerwehr-Kommandant Fabian Müller zur Lage, anstehenden Festen, Hilfsbereitschaft und Nachwuchsgewinnung
Brände, Unfälle, vollgelaufene Keller und mehr halten die Feuerwehr auf Trab. Im vergangenen Jahr sind die Heilbronner Einsatzkräfte zu etwa 1900 Alarmen ausgerückt.
Sie ist zur Stelle, wenn andere in Not geraten: die Feuerwehr Heilbronn. Sie existiert seit 175 Jahren, aus ihr ist einst die Berufsfeuerwehr hervorgegangen. Die Zusammenarbeit von Berufsfeuerwehr und Ehrenamtlichen sei wirklich hervorragend, sagt Kommandant Fabian Müller im Stimme-Interview.
50 Jahre ist die Berufsfeuerwehr 2021 geworden, bleibt der Geburtstag am 1. April irgendwie in Erinnerung?
Fabian Müller: Auf jeden Fall, letztes Jahr fiel Corona-bedingt ein größeres Fest aus. Das holen wir jetzt im April nach. Wir planen im Hof unter den geltenden Schutzvorkehrungen eine kleinere Feier für die Angehörigen der Berufsfeuerwehr und ihren Partnern und Partnerinnen.
Wie ist das Jahr 2021 verlaufen? Die Zahlen stellen Sie heute Abend bei der Hauptversammlung vor.
Müller: Die Zahl der Einsätze ist auf hohem Niveau geblieben. Wie im Jahr davor waren es etwa 1900. Wir sind von größeren Unwetterlagen verschont geblieben, im Juni und Juli hatten wir jedoch vier Starkregenereignisse mit mehreren Einsätzen. In Erinnerung bleibt außerdem der Wohnungsbrand am helllichten Tag in der Sontheimer Straße in Heilbronn. Weiter kam es zu einer Unfallserie auf der A6. Innerhalb weniger Tage passierten dort einige schwere Unfälle, bei denen es auch Tote gab.
Wie wirkt sich die Corona-Zeit auf den Alltag aus?
Müller: Wir hatten wie alle mit Einschränkungen umzugehen. Wir haben dennoch erkannt, dass sich die Welt der Einsätze weiterdreht. Wir mussten zudem unseren Übungsbetrieb aufrechterhalten, mit Maske und Abstand ging das. Wir können den Trainingsbetrieb ja nicht aussetzen. Insbesondere bei der Freiwilligen Feuerwehr haben wir gemerkt, dass die Routine verloren geht und ohne Ausbildung die Handgriffe nicht mehr so gut sitzen.
Hatten Sie wegen Infektionen mit vielen Ausfällen zu kämpfen?
Müller: In den vergangenen zwei Jahren – toi, toi, toi – hatten wir kaum Ausfälle, die stellen wir erst jetzt in den letzten vier Wochen fest. Wir testen uns ja jedes Mal vor Dienstbeginn. Viele stecken sich bei nahen Angehörigen und ihren Kindern an. Bisher traten die Fälle aber zeitversetzt auf, so dass es zu keinen Einschränkungen im Einsatzdienst gekommen ist.
Dieses Jahr wird die Heilbronner Gesamtwehr 175 Jahre alt. Welche Pläne gibt es dazu?
Müller: Am Wochenende 2. und 3. Juli veranstalten wir einen Tag der offenen Tür für jedermann. Ein Festabend ist im Oktober in der Harmonie geplant mit den Angehörigen der Berufs- und der Freiwilligen Feuerwehr und ihren Partnerinnen und Partnern. Denn wir brauchen auch die zweite Hälfte, die die Einsätze zu allen Tages- und Nachtzeiten mitträgt. Außerdem feiert dieses Jahr die Jugendfeuerwehr das 25-jährige Bestehen.
Werden die Nachwuchskräfte auch in die Harmonie eingeladen?
Müller: Wir haben uns gedacht, dass die jungen Leute vielleicht nicht unbedingt mit einem Essen und Zusammensitzen zu begeistern sind und lieber etwas erleben wollen. Wir denken an einen Tag in Tripsdrill oder in der Experimenta.
Wie läuft denn die Zusammenarbeit von Berufs- und Freiwilliger Feuerwehr?
Müller: Die läuft wirklich hervorragend. Die Berufsfeuerwehr ist schnell bei einem Einsatz vor Ort, die Freiwilligen ergänzen durch Sonderaufgaben und bringen auch die Masse an Personal mit, immerhin haben sie etwa 300 Aktive.
300 Aktive sind viele.
Müller: Schon, sie sind aber nicht alle zu jeder Tageszeit verfügbar. Wir merken, dass es immer schwieriger wird, die „vier F“ – Feuerwehr, Familie, Freizeit, Firma – unter einen Hut zu bringen. Das zeigt sich zum Beispiel in der Gewinnung von Ehrenamtlichen. Deshalb liegt ein Schwerpunkt darauf, Nachwuchs anzusprechen und zu halten. Möglicherweise liegt es mit an Corona, dass eine Entfremdung festzustellen ist. Dies betrifft sicher auch viele Vereine. Vielleicht findet durch Krisen wie den Krieg in der Ukraine eine Rückbesinnung auf Grundwerte wie Hilfsbereitschaft statt. Es gibt so viele Möglichkeiten, auch außerhalb solcher Krisen, anderen zu helfen, ob beim Technischen Hilfswerk, dem Katastrophenschutz oder bei der Feuerwehr.
Die Feuerwehr baut ihre Öffentlichkeitsarbeit aus und ist inzwischen auf der Social-Media-Plattform Instagram aktiv. Warum?
Müller: Ich denke, wir sind von einer umworbenen zu einer werbenden Organisation geworden. Mit Instagram sind wir da aktiv, wo Jugendliche präsent sind. Wir hoffen, so den einen oder die andere für die Freiwillige Feuerwehr und die Berufsfeuerwehr zu gewinnen.
Fabian Müller (39) ist seit September 2020 Kommandant der Heilbronner Berufsfeuerwehr mit etwa 100 Angehörigen. Die Abteilungen der Freiwilligen in den Stadtteilen zählen 300 aktive Mitglieder. Zuvor leitet er bei der Berufsfeuerwehr Stuttgart die Integrierte Leitstelle. Müller stammt aus Neckarsulm und lebt in Heilbronn.