Eine Lufttemperatur von 30 Grad, eine Luftfeuchtigkeit von 50 Prozent: Die Werte würden auch zu einem normalen Sommertag passen. Doch in der großen Klimakammer der Hohenstein-Institute wird es dem Redakteur in seinem Feuerwehrschutzanzug allmählich warm. Das Laufband unter den Füßen hält ihn in Trab, und die Strahlungswand, nur einen guten Meter vom Körper entfernt, bullert mit satten 60 bis 70 Grad. Die Jacke hält die Hitze ab, dennoch beginnt der Körper kräftig zu schwitzen.
"Das sind die klassischen Bedingungen in Brandnähe", sagt Dr. Jan Beringer. Der Diplom-Chemiker und Wissenschaftliche Leiter am Bönnigheimer Textilforschungsinstitut ist verantwortlich für ein jetzt angelaufenes Forschungsvorhaben, bei dem es um die Optimierung von Feuerwehrschutzkleidung geht. Das Projekt ist auf zwei Jahre angesetzt und wird vom Bundeswirtschaftsministerium finanziert. Wie viel Geld fließt? "Das geht in die Hunderttausende", sagt Beringer. 20 Leute im Hause mischen mit.
Schutz vor Hitze
Heutige Feuerwehrjacken und -hosen, jedenfalls die Top-Modelle, bieten den Brandbekämpfern bei Einsätzen bestmögliche Abschirmung vor der Hitze. Sie bestehen aus einer Chemiefaser, die nicht brennt und nicht schmilzt, sowie einer Wattierung. Das Problem besteht darin, dass diese Wattierung nach außen und innen isoliert. Der Feuerwehrmann strengt sich an, seine Körpertemperatur steigt, er produziert Schweiß, der aber nicht verdampft und damit auch nicht zur Kühlung beitragen kann. Die Folge: Unter der Feuerwehrkleidung gibt es einen Wärme- und auch einen Feuchtestau. Und der Körper droht zu überhitzen. "Es sterben mehr Feuerwehrleute den Hitzetod als durch Feuer", weiß Jan Beringer.
Basisdaten
Solche Tests in der Klimakammer, wie sie der Redakteur als Proband an diesem Vormittag am eigenen Leib miterlebt, liefern den Fachleuten Basisdaten, zeigen den Ist-Zustand auf. Mehrere auf der Haut aufgeklebte Fühler messen die Temperatur zwischen Kleidung und Körper sowie die Feuchtigkeit. Innerhalb von knapp 20 Minuten steigt die Feuchte von 72 auf fast 100 Prozent an. Der Körper produziert unter der Kleidung Schweiß, "aber ich krieg ihn nicht weg", sagt Beringer. Im Einsatz sei es deshalb sehr wichtig, dass sich Feuerwehrmann oder -frau immer wieder vom Brandherd zurückziehen und sich abkühlen. "Dann können sie wieder rein."
Ziel des Forschungsprojekts ist es, eine Unterkleidung zu entwickeln, die den thermischen Komfort verbessert und dafür sorgt, dass der Feuerwehrmann nicht so schnell überhitzt. Mit einer Schicht, die den Schweiß aufsaugt, und einer Schicht, die ihn weitertransportiert. Wie diese Schicht beschaffen sein muss? Beringer lächelt: "Genau das müssen wir herausfinden."
Ein zweiter Aspekt des Forschungsvorhabens: Die Feuerwehrkleidung soll − was bislang nur eingeschränkt möglich ist − auch gewerblich waschbar werden. Ohne dass sich die Schutzeigenschaften ändern. "Das Material darf zum Beispiel nicht verklumpen", sagt Beringer. Wie so vieles bei seiner Arbeit empfindet er auch das als ein "super spannendes Thema".
Bild: Laufband und Strahlungswand: Versuche mit Testpersonen, in diesem Fall dem Redakteur, sind für Hohenstein-Mitarbeiter Thomas Fiala Routine. (Foto: Guido Sawatzki)