Feuerwehr, DRK und Polizei berichten über ihre Erfahrungen mit Einsatzfahrzeugen, wenn diese mit Blaulicht unterwegs sind. Autofahrer hätten oft Probleme, richtig zu reagieren.
Wo normalerweise die Autos in den Tunnel bei Hölzern brausen, steht ein Rettungswagen auf der linken Spur der A81. Der Verkehr staut sich, neugierige Blicke auf mehrere zerbeulte Autos. Denn das rot-weiß-gestreifte Fahrzeug mit dem Blaulicht auf dem Dach ist nicht zum Unfall gerufen worden, um Verletzte zu retten, sondern ist selbst Teil des Unfalls. Der Kotflügel liegt herum, der Rettungssanitäter im hinteren Teil des Fahrzeugs wurde schwer verletzt - er kümmerte sich um den Patienten und war nicht angeschnallt.
Ein unachtsamer Spurwechsel hatte zum Zusammenstoß geführt, der Rettungswagen war ohne Martinshorn und Blaulicht unterwegs. Doch auch im Einsatz geraten Helfer von Rettungsdiensten, Feuerwehr und Polizei oft in brenzlige Situationen.
Feuerwehrleute reparieren kleinere Schäden selbst
Kleinere Rempler gebe es öfters, sagt der Sprecher der Heilbronner Berufsfeuerwehr, Jürgen Vogt. „Vor allem mit unseren großen Fahrzeugen bleiben wir schon ab und zu an einem Außenspiegel hängen.“ Das laufe über die Versicherung. Um kleinere Schäden an den Einsatzfahrzeugen kümmere sich die Feuerwehr selbst. „Wir haben Karosseriebauer, Lackierer und KfZ-Mechaniker in unseren Reihen“, sagt Vogt. In eine Autowerkstatt müssten die Fahrzeuge recht selten.
Es sei denn, es kracht ordentlich: 2006 musste ein tonnenschwerer Autokran einem Pkw ausweichen und stieß mit einem Laster zusammen. Im August prallte ein Kommandowagen auf der Allee auf ein anderes Auto und wurde schwer beschädigt. „Wir tasten uns im Einsatz vorsichtig in die Kreuzung, aber manchmal funktioniert es trotzdem nicht“, sagt Vogt. Ab und zu husche doch noch ein Autofahrer über die Kreuzung, weil er denkt, es reicht noch vor der Feuerwehr, oder Fahrer reagierten in der Aufregung nicht richtig und weichen nicht oder in die falsche Richtung aus. „Gelegentlich hört auch einfach jemand das Martinshorn nicht, weil das Radio zu laut ist.“ Aber auch Feuerwehrleute seien nicht frei von Fehlern; vor allem, wenn es eng zugeht und viele andere Fahrzeuge am Einsatzort stehen. „Da unterschätzt man schon mal die Breite des eigenen Fahrzeugs.“
Auch bei Unfällen auf Autobahnen spielen die beengten Verhältnisse eine Rolle. „Zumal die Rettungsgasse oft nicht funktioniert“, sagt Vogt. Zumal der 64 Fahrzeuge zählende Fuhrpark der Heilbronner Wehren auch Gefährte umfasst wie einen 48 Tonnen schweren und 2,50 Meter breiten Kran.
Mit Fehlern der anderen rechnen
Von zahlreichen Remplern beim Rangieren vor Kliniken und Arztpraxen berichtet Markus Stahl. Er ist Rettungsdienstleiter beim Heilbronner Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes. Die Fahrer von Rettungswagen müssten im Einsatz besonders vorsichtig sein „und ständig mit den Fehlern anderer Verkehrsteilnehmer rechnen“, wie er sagt. „Was für den Rettungswagenfahrer an der Tagesordnung ist, ist für den Autofahrer eine Ausnahmesituation.“
Und in der geht so manches schief: Sobald sich Blaulicht und Martinshorn von hinten nähern, passierten merkwürdige Dinge: „Eine ganze Reihe Autos weicht zu einer Seite aus, nur einer in die andere.“ Auch mit dem einen Autofahrer, der noch schnell vor dem Einsatzfahrzeug über die Kreuzung huscht, haben die DRK-Retter Erfahrungen gesammelt. „Besonders dreist ist aus meiner Sicht, wenn sich Autofahrer an den Rettungswagen hängen und durch die Rettungsgasse fahren.“ Das sei zwar strafbar - im Einsatz hätten die Helfer aber meistens anderes zu tun.
Wann mit Blaulicht gefahren werden darf
Fährt die Polizei mit Blaulicht und Martinshorn zum Einsatz, müssen die Beamten vorsichtig zu Werke gehen. „Gefährlich sind vor allem Überholmanöver, Kreuzungen oder Einmündungen“, schreibt Frank Belz. Er ist Sprecher des Polizeipräsidiums in Heilbronn. Problematisch seien vor allem abgelenkte oder unaufmerksame andere Verkehrsteilnehmer. „In solchen Situationen wird dann plötzlich abgebremst, weil der Fahrer überfordert ist.“ Er verweist darauf, dass Blaulicht und Einsatzhorn laut Straßenverkehrsordnung nur verwendet werden dürfen, wenn es um Menschenleben, schwere gesundheitliche Schäden, Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die Verfolgung flüchtiger Personen oder bedeutende Sachwerte geht.
Sicherheit in den Fahrzeugen
Besondere Gefahr droht Rettungssanitätern, die sich im hinteren Teil des Fahrzeugs um Patienten kümmern – wie beim Unfall auf der A81 an der Tunneleinfahrt bei Hölzern. Das Rote Kreuz versucht, die Sicherheit mit Neuerungen in den Fahrzeugen zu verbessern. So wird die Anordnung der Bedienflächen so geändert, dass der Sanitäter nur möglichst kurze Zeit nicht angeschnallt sein muss. Die jüngste Anschaffung sind Geräte zur mechanischen Reanimation von Patienten, die im vergangenen Jahr eingebaut worden sind. Polizei, Rettungsdienst und Feuerwehr trainieren ihr Personal regelmäßig für die besonderen Herausforderungen und Risiken von Einsatzfahrten.