Bunte Kugeln glänzen am Christbaum im Wohnzimmer. Doch die Festfreude hält sich bei Rudolf und Irma Geiger in Grenzen. Sie fanden im elterlichen Haus von Bauunternehmer Werner Müller zwar gleich eine wohnliche Bleibe. Doch den Schock nach dem verheerenden Großbrand in Beilstein-Billensbach hat das Ehepaar nach acht Monaten noch nicht verdaut. Ihre Hoffnung: Im neuen Jahr wird das neue Wohnhaus gebaut.
Der Polizistenmord in Heilbronn und fast zeitgleich ein Feuer, das den Bauernhof in Schutt und Asche legte: Der 25. April 2007 hat das Leben von Rudolf und Irma Geiger schlagartig geändert. „Ich bin Wengerter und Landwirt a. D.“, erzählt der 72-Jährige mit bedrückter Stimme. „Es ist nicht so einfach.“ Mit Herzblut hing der Billensbacher an seinem Beruf.
Brandgeruch Seine 68-jährige Ehefrau Irma riecht den Qualm beim Wäschefalten im Bad, sieht kein Feuer. Ihr Mann geht besorgt ums Haus. Bis der Nachbar schreit: „Rudolf, bei dir brennt es.“ Schwarzer Rauch dringt aus dem Lagerraum im Untergeschoss, Flammen schlagen aus der darüber liegenden Scheune. Handlöscher und Gartenschlauch sind wirkungslos. „Ich war so geschockt, dass ich den Schlepper nicht mehr anlassen konnte“, erinnert sich der Billensbacher.
Zu diesem Zeitpunkt arbeiten die Söhne Richard und Hans beim Wegebau in Kaisersbach. „Der Piepser ging los“, erzählt Feuerwehrmann Hans Geiger. Ein landwirtschaftliches Anwesen brennt in Billensbach. Der Straßenbauer bringt einen Schlepper in Sicherheit, zwickt mit einem Bolzenschneider die Halsketten bei den Rindern durch, führt den Deckbullen aus dem Stall. „Das Stroh ist ein Fressen für das Feuer“, weiß Hans Geiger.
Die Feuerwehrleute aus Beilstein und Oberstenfeld können das Anwesen nicht mehr retten. Aber die Billensbacher bringen das Vieh in Sicherheit: 40 Milchkühe und Rindernachzucht sowie 20 Schweine. Zwei Kühe und zwei Schweine müssen jedoch später notgeschlachtet werden. „Die Hilfsbereitschaft war einmalig“, davon ist Irma Geiger noch heute überwältigt. Werner Müller stellt spontan das elterliche Gebäude zur Verfügung. Der ganze Ort hilft beim Umzug der Sachen, die noch geborgen werden können.
Am nächsten Tag inspizieren zwei Brandsachverständige den Hof, nehmen besonders Stromkabel unter die Lupe. „Die Brandursache konnte nicht ermittelt werden,“ weiß der Landwirt. Der monatelange Anblick der Brandruine hat ihm sehr weh getan: „Wir durften ja nichts machen.“
Nach Augenoperationen ist Rudolf Geiger zu 70 Prozent arbeitsunfähig. Das Vieh ist verkauft, Grundstücke sind verpachtet. Sohn Hans bewirtschaftet die Weinberge. Irma Geiger liegt nach Hustenanfällen im Krankenhaus, ist auf die Sauerstoffapparatur angewiesen, kann deshalb die Wohnung kaum verlassen.
Freigabe Im Herbst trifft die Abbruchfreigabe ein. Im Dezember reißen Bagger die Ruine bis auf den Kellerbereich ab. Die Werkstatt mit der Terrasse ist noch intakt. Ein Bauzaun grenzt das Gelände ab. Im neuen Jahr wird das neue Wohnhaus gemauert. Neue Ställe werden nicht mehr gebaut.
„Ich freue mich schon, wenn ich einziehen darf, dann habe ich wieder mehr Bewegung“, blickt die 68-Jährige in die Zukunft. Ihr Mann lächelt ihr zu. Im Herbst 2008 wollen sie umziehen. Dennoch: „Der Brand geht einem nicht mehr aus dem Kopf“, betont der Bauer. „Da kommt man nicht drüber weg“, murmelt seine Frau.
Bild 1: Das Luftbild zeigt das Ausmaß der Zerstörung beim Bauernhof in Billensbach. Das Anwesen war nach dem Großbrand nicht mehr zu retten. (Foto: Archiv/Kuhnle)
Bild 2: Hans Geiger steht auf dem Flachdach eines Viehstalls. Das Wohngebäude im Hintergrund musste bis zum Kellergeschoss abgetragen werden. Im neuen Jahr ist ein Neubau des Hauses geplant. (Foto: Joachim Kinzinger)