Mit ihren orangefarbenen Overalls und Atemschutzmasken fallen sie auf. Auf dem Parkplatz Wunnenstein bei Winzerhausen, vor der Burg Hohenbeilstein, auf Wiesen bei Brackenheim-Dürrenzimmern oder Meimsheim. Sie haben ein Bügeleisen ähnliches Gerät in der Hand, das sie über den Boden schwenken. Es piepst anhaltend. Hier sind keine Schatzsucher bei einer Jux-Rallye unterwegs, sondern die Strahlenspürtrupps der Feuerwehren im Regierungsbezirk Stuttgart. Die Besatzungen der 13 ABC-Erkundungswagen aus den Land- und Stadtkreisen proben den Ernstfall. Das Regierungspräsidium Stuttgart (RP) nimmt einen Störfall im Gemeinschaftskernkraftwerk Neckarwestheim als Szenario für die Großübung am Samstagvormittag an.
Krisenstab Nach der Trockenübung mit dem 100-köpfigen Krisenstab am Freitag in der Behörde ist es Ralph König wichtig, draußen unter realen Bedingungen zu trainieren. „Das ist die erste Großübung dieser Art“, sagt er zum „Katastrophen-Voralarmtest“. Der Leiter des Krisenstabs der für den Katastrophenschutz zuständigen Behörde erklärt die Ausgangslage: Im GKN sind Sicherungssysteme ausgefallen, im Reaktordruckbehälter baut sich Druck auf. Unklar ist, ob radioaktive Stoffe zu entweichen drohen.
Was ist nach dem rund 200-seitigen Katastrophenschutzplan, der im Lagezentrum im Feuerwehrgerätehaus in Brackenheim auf den Tischen liegt, zu veranlassen? Erst mal Messungen, um die radiologische Gefahrenlage einzuschätzen. Die jeweils dreiköpfigen Strahlenspürtrupps - dabei die Weinsberger und Heilbronner - schwärmen aus zu vorgegebenen Punkten im südlichen und im benachbarten Ludwigsburger Landkreis. Wie Andreas Nuding aus Aalen sind sie mit Geigerzählern ausgestattet, die hörbar reagieren. Aber nur, weil Prüfstrahler ausgelegt sind. „Sonst wäre es eine Nullmessung“, erläutert König. „Wir wollen ja sehen, ob die Geräte funktionieren.“
Daten „Wenn man die Messgeräte mal verstanden hat, dann ist es nicht schwierig“, sagt Michael Haisch aus Aalen. Strahlendosisleistung, Messpunkt-Bezeichnung, Uhrzeit, Wetterlage oder Geländebeschaffenheit meldet der Physiker ins Feuerwehrgerätehaus. In der Funkzentrale notieren sich die Brackenheimer Reiner Lechner und Gerhard Scheerer 120 Datenübermittlungen. Geben diese einen Raum weiter an die Mitarbeiter der Landesfeuerwehrschule Bruchsal, die im Notfall das Personal unterstützt, und des Umweltministeriums. Letzteres wertet die Messungen aus, empfiehlt dem RP Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung. Bei einem Voralarm zum Beispiel, Jodtabletten zu verteilen.
„Sauber, klar, wie die Meldungen über Funk reinkommen. Das muss man auch lernen“, ist Übungsleiter König beeindruckt. „Es lief alles auf einem sehr hohen Niveau. Mensch und Technik haben sehr gut funktioniert“, lautet seine Manöverkritik nach dieser Übung, die er für unerlässlich hält. „Es gibt schlicht nichts zu bemängeln.“
Bild: In Kontaminations-Schutzanzügen und mit Atemschutz messen die Feuerwehrleute mit dem Geigerzähler vermeintlich radioaktive Belastung. (Fotos: Guido Sawatzki)