Feuerwehren schützen das Audi-Werksgelände vor Überflutungen. Bei einer Übung testen sie die Zusammenarbeit und die neue Ausrüstung. Überschwemmungen wie im Mai 2016 sollen sich nicht mehr wiederholen.
Der 30. Mai 2016: Wassermassen stürzen vom Himmel. Überschwemmen Straßen, Keller, Äcker. Dringen auf das Audi-Werksgelände in Neckarsulm vor, lösen in der Pressenstraße einen Schwelbrand aus. Die Anlage steht monatelang still. Um sich vor solchen Naturgewalten zu wappnen, hat der Autohersteller viel Geld und Zeit investiert. Am Wochenende proben Werkfeuerwehr und die Kollegen aus Neckarsulm und Bad Friedrichshall den Ernstfall.
Bäche können zu reißenden Strömen werden
Ein lauer Spätsommerabend, angenehme Temperaturen. Der Himmel zeigt sich völlig harmlos. Ganz anders als im Mai 2016. Amorbach, Hängelbach und Attichsbach plätschern am Freitagabend friedfertig dahin. Ganz anders als im Mai 2016. Damals entwickelten die Fluten eine zerstörerische Kraft, unterspülten sogar die Bahngleise. „Wir haben uns sofort nach den Überflutungen sehr viele Gedanken gemacht“, sagt Audi-Werkleiter Helmut Stettner dieser Redaktion. Es sei deutlich geworden, dass ein funktionierender Überschwemmungsschutz sehr wichtig für das Werk sei.
Und dieser Schutz besteht aus mehreren Bausteinen entlang der NSU-Straße. Aktive der Feuerwehr Neckarsulm bauen am Freitagabend einen Beaver-Schlauchdamm auf. Sie füllen die Schläuche zuerst mit Luft, um sie richtig platzieren zu können. Wäre Starkregen in Sicht, würden sie den werkseitigen, als Fundament dienenden Schlauch mit Wasser füllen. Höhe des Damms: rund 50 Zentimeter. Die Schlauchröhren leiten das Wasser zu zwei Schächten, eine Verbindung zur verdolten Sulm.
Leitplanken soll das Wasser in Becken leiten
Sollte das Flüsschen das Wasser nicht aufnehmen können, gewinnt der zweite Baustein an Bedeutung. Bis zum Boden reichende Leitplanken an der NSU-Straße sollen das Wasser hangabwärts zu einem natürlichen Becken führen. Dort kommt dann am meisten Technik zum Einsatz. Audi-Leute und Angehörige der Wehr aus Bad Friedrichshall bauen am Freitagabend eine Schlauchverbindung von der NSU-Straße zum Neckar auf. Mächtige Schläuche, 15 Zentimeter im Durchmesser, winden sich über Straßen und Gehwege. Pumpen transportieren zu Übungszwecken Neckarwasser in einen Container. Im Ernstfall würde das Wasser natürlich den umgekehrten Weg nehmen: raus aus dem Becken, rein in den Neckar. Laut Günter Vogel, Chef der Audi-Werkfeuerwehr, sind rund 30 Aktive an der Übung beteiligt.
„Die Beaver-Dämme aufzubauen, dauert etwa vier Stunden“, sagt Vogel. Allein das macht deutlich, dass die Feuerwehren auf eine rechtzeitige Alarmierung angewiesen sind. Hat der Starkregen eingesetzt, ist es zu spät. Deshalb hat sich Audi an ein Frühwarnsystem angeschlossen, das genau Vorhersagen erlauben soll. Ein differenzierter Alarmierungsplan wurde bereits erarbeitet. Viel Geld hat Audi in zusätzliche Ausrüstung investiert. Wie viel genau, verrät das Unternehmen nicht. Ohne Beaver-Dämme, Schläuche und Großpumpen würde das Schutzkonzept untergehen.
Baulicher Hochwasserschutz wurde verstärkt
Basis dieses Konzepts ist eine Studie zum Hochwasserschutz für das Audi-Gelände. Dieses sieht auch bauliche Veränderungen vor. Zusätzliche Schieber an Kanälen zum Beispiel. Oder die Abfluss-Schächte zur Sulm-Dole. Der Wasserverband Sulm will zudem sein Netz aus Rückhaltebecken um die Anlagen Hängelbach und Amorbach erweitern. „Das Planfeststellungsverfahren ist demnächst abgeschlossen“, sagt Neckarsulms OB Steffen Hertwig. Audi-Werkleiter Helmut Stettner würdigt die gute Zusammenarbeit aller Beteiligten: Behörden, Kommunen, Feuerwehren. Er sagt: „Solche Herausforderungen kann man nur gemeinsam lösen.“