Beleidigungen, Drohungen oder körperliche Angriffe gegen Einsatzkräfte sind keine neuen Phänomene. Für die betroffenen Polizisten, Rettungskräfte oder Feuerwehrleute sind diese Übergriffe aber oftmals sehr belastend oder gar lebensbedrohlich.
Die Akademie für Gefahrenabwehr hat sich daher in einem Seminar „Gewalt gegen Einsatzkräfte - Risikofaktoren und Strategien“ dieses wichtigen Themas angenommen.
Rund 85 Führungskräfte der Feuerwehren, der Hilfsorganisationen sowie des Technischen Hilfswerks (THW) in Baden-Württemberg informierten sich über aktuelle Entwicklungen, Risikofaktoren und Bewältigungsstrategien.
„Die gewalttätigen Übergriffe auf Rettungskräfte haben insgesamt ein nicht mehr zu akzeptierendes Maß erreicht. Wir müssen die Feuerwehren und Rettungsdienste dabei unterstützen, professionell darauf zu reagieren und die Gesellschaft auf diese Problematik aufmerksam machen“, betonte Gastreferentin Dr. Janine Dressler. Die Wissenschaftlerin hat in ihrer Dissertation über 1600 Feuerwehrleute zum Thema Gewalt am Einsatzort befragt und eine starke Betroffenheit, insbesondere von Einsatzkräften in den Ballungsräumen beispielsweise Hamburg und Berlin, ermittelt.
Martin Jakubeit, Leiter des Fachbereichs Führungslehre der LFS, stellte Risikofaktoren und Strategien zur Bewältigung belastender Einsätze vor und machte deutlich, wie wichtig es sei, kritische Situationen frühzeitig zu erkennen und richtig einzuschätzen: „Nur wer in der Lage ist, frühzeitig kritisch ansteigendes Verhalten eines Gegenübers wahrzunehmen, kann eine solche Situation einigermaßen meistern“, so Jakubeit. Neben der technischen und fachlichen Kompetenz seien daher Fähigkeiten der Deeskalation und Konflikthandhabung für Helfer essentiell.
Dies bekräftigte auch Volker Erlewein, Leiter der Bereitschaftspolizeidirektion in Bruchsal, der in seinem Vortrag über Gewalt gegen Einsatzkräfte bei Terror- oder Amoklagen sprach. „Die Einstellung, dass eine solche Lage bei uns schon nicht vorkommen wird, verhindert die Vorbereitung auf ein professionelles Handeln.“ Erlewein verwies dabei auf entsprechende Informationen, wie etwa die Hinweise des Innenministeriums Baden-Württemberg für die nichtpolizeiliche Gefahrenabwehr bei Einsätzen im Zusammenhang mit Terror- oder Amoklagen, die aus seiner Sicht überall bekannt sein sollten.
Einen Einblick in kritische Situationen im Einsatz und die unterschiedlichen Ausprägungen von Gewalt gaben Fabian Müller, Leiter der Integrierten Leitstelle in Stuttgart, und Andreas Rudlof, Leiter der Flughafenfeuerwehr Stuttgart. „Die Gewalt gegen Einsatzkräfte fängt bereits in der Leitstelle an. Disponenten werden von Anrufern beleidigt oder es wird sogar mit dem Rechtsanwalt gedroht“, so Müller. Andreas Rudlof betonte, dass es an einem internationalen Verkehrsflughafen, wo mit internationalem Publikum verschiedener Nationalitäten und Konfessionen zu rechnen sei, für Einsatzkräfte zunehmend schwieriger werde, die Verhaltensweisen und Reaktionen von Personen einzuschätzen.
Auf Grund der großen Nachfrage plant die Akademie für Gefahrenabwehr die Veranstaltung erneut anzubieten. Der Termin steht noch nicht fest, wird aber auf der Homepage der Landesfeuerwehrschule bekanntgegeben.
Quelle: Landesfeuerwehrschule Baden-Württemberg