Genau um 17.08 Uhr piepste am Mittwoch der digitale Meldeempfänger von Uwe Amann. Der Neudenauer zögerte nicht lange und sprang in sein Privatfahrzeug, die Notfallausrüstung immer im Gepäck. Wenige Minuten später war er mit einem weiteren Kollegen in einem der Stadtteile, um bei einem Notfall zu helfen. Noch vor dem Rettungswagen des Deutschen Roten Kreuzes (DRK).
Verkehrsunfall, Herzinfarkt oder Atemstillstand: In Notfällen kommt es oftmals auf Sekunden an – die in ländlichen Gegenden wie Neudenau, wenn der Rettungswagen von den Krankenhäusern in Möckmühl oder Bad Friedrichshall herbeieilen muss, im wahrsten Sinne manchmal auf der Strecke bleiben. „Das ist der Zeitraum, in dem wir mit unseren Mitteln etwas bewirken können“, sagt Matthias Bauer. Der DLRG-Schwimmer ist wie Uwe Amann Feuerwehrmann und Helfer vor Ort.
Akzeptanz Im April 2009 wurden die Helfer vor Ort in Neudenau als Kooperation zwischen dem Deutschen Roten Kreuz und der Feuerwehr ins Leben gerufen. Damals waren es nur fünf Helfer, und „es gab schon eine gewisse Skepsis, ob das funktioniert“, erinnert sich Uwe Amann, der gemeinsam mit dem DRK-Bereitschaftsleiter Marcel Hamberger Initiator war. Das habe sich mittlerweile geändert. Die Akzeptanz sei nicht nur in der Bevölkerung gewachsen. „Heute weisen die Organisationen auf ihrer Homepage gezielt auch auf uns hin“, versichert Matthias Bauer.
Durchschnittlich 60 bis 90 Einsätze im Jahr fährt der Zusammenschluss, der auf zehn Helfer und vier Helferinnen im Alter von 20 bis Mitte 40 Jahren mit ganz unterschiedlichen Berufen angewachsen ist: In rund 40 Prozent der Fälle rücken sie auch in die Stadtteile aus. Die überwiegende Mehrheit kommt aus Neudenau und von der Feuerwehr. Alle haben eine Sanitätsausbildung absolviert, die ein 50-stündiges Rettungswagenpraktikum beinhaltet. Zwei sind sogar ausgebildete Rettungsassistenten.
Die Helfer vor Ort arbeiten auf rein ehrenamtlicher Basis: Wenn bei der Integrierten Leitstelle in Heilbronn ein Notruf über 112 eingeht, werden zeitgleich mit der Anforderung eines Rettungswagens auch sie mit Einsatzstichwort und Adresse informiert. Egal, ob gerade beim Sonntagnachmittagskaffee oder beim mitternächtlichen Schlummer im Bett: „Wer kann, macht sich auf den Weg“, unterstreicht Bauer.
Im eigenen Privatfahrzeug, mit gelb-roten reflektierenden Einsatzjacken und einer Notfallausrüstung, die je nach Erstinformation neben der Grundausrüstung in jedem Auto in gesonderten großen Rucksäcken Blutdruckgerät, Absaugpumpe, Rettungsdecke, Kühlkissen und Beatmungsgerät enthält. Und auch einen Defibrillator: Je einer der Lebensretter im Taschenformat befinden sich im Feuerwehrgerätehaus und bei Uwe Amann. Weitere dieser Geräte sind über die Raiffeisenbank und an anderen öffentlichen Stellen zugänglich.
Seitenlage In dramatischen Fällen kann es mit stabiler Seitenlage oder Reanimation um lebensrettende Sofortmaßnahmen gehen. Bei unklarem Krankheitsbild steht die Ermittlung von Basiswerten wie Blutdruck oder Blutzuckerwerten im Vordergrund, die an die in der Regel kurz darauf eintreffenden hauptamtlichen Mitarbeiter des Rettungsdienstes weitergegeben werden. Oft sind ebenso psychologische Fähigkeiten gefragt, um verunsicherte oder in Panik geratene Familienmitglieder zu unterstützen.
Neugierige Blüten treibt bisweilen der Wiedererkennungswert innerhalb der Bevölkerung: „Manchmal wird man samstagmorgens beim Bäcker angesprochen“, berichtet Uwe Amann. Mit den typischen W-Fragen: Wer, was, wann oder warum? Aber keine Chance: „Wir unterliegen der Schweigepflicht“, sagt Amann.
Bild: Auch schwierige Situationen wollen geübt sein: Uwe Amann (rechts) und Matthias Bauer im Rollenspiel als Helfer vor Ort und Patient. (Foto: Ute Plückthun)