Verzweifelte Hilferufe, viele Verletzte, Feuerwehren und Sanitäter im Dauerdienst sowie das Technische Hilfswerk, das eine Seilbahn über die Jagst baut.
Ein Großaufgebot von Kräften übte in der Nacht von Samstag auf Sonntag zwischen Neudenau und Siglingen den Ernstfall: ein Zugunglück zwischen Jagst und Steilhang.
„Das Gelände ist schwer zugänglich", sagt Neudenaus Feuerwehrkommandant Jörg Wagner schon im Vorfeld. Doch die Truppen sind darauf vorbereitet. Alles einsteigen. Um 23.24 Uhr fährt der „Schicksalszug", so ein Statist, im Neudenauer Bahnhof mit 40 Personen los. Jennifer Kennel (28), DRK-Kreisjugendleiterin in Mosbach, hat alle instruiert. „Jeder hat seine Aufgabe", erklärt die Leiterin vom Neudenauer Jugendrotkreuz. 37 Opfer sind geschminkt: Theaterblut fließt. Bei Bahnkilometer 76,6 prallt der Zug laut Drehbuch auf einen Erdrutsch: Stille, Schock, Schreie. Der Lokführer ist eingeklemmt. Kathrin Sprenger aus Neudenau wimmert am Boden: Beckenbruch. Lila Kosak aus Frankenbach ist bewusstlos: Schädelhirntrauma.Draußen ist es stockduster. Rechts der unüberwindliche Steilhang, links der steile Abstieg zur Jagst. Menschen torkeln orientierungslos über die Schienen. „Wir können die Verletzten nur über die Jagst und über die Gleise erreichen", nennt Uwe Amann, Pressesprecher der Feuerwehr Neudenau, die Hauptschwierigkeit. Um 23.47 Uhr löst Andreas Beck den Notruf vom Zug aus: „Es hat einen riesen Rums gelassen, viele Verletzte, Wasser plätschert."
Um 23.51 Uhr läuft die Rettungsmaschinerie an. Der Notfallmanager der Bahn lässt den Fahrdraht erden: Die Strecke ist frei. Feuerwehrleute rücken aus. Blaulichter in finsterer Nacht, Scheinwerfer erhellen die Jagst. Um 0.07 Uhr ist das erste Boot im Wasser. „Hilfe, kommt doch rüber", schallt es aus dem Zug. Taschenlampen-Geflacker: Auch über die Gleise rückt bald der erste Trupp der Wehr vor, erkundet die Lage. „Was ist mit Ihnen los?", fragt ein Feuerwehrmann ein Opfer.Dann geht es Schlag auf Schlag: Im Minutentakt überqueren Feuerwehrleute, Sanitäter und Ärzte bei der Übung mit dem Boot die Jagst. Aus Siglingen eilen Feuerwehrleute über die Gleise zu Hilfe. Mit zwei Gleiswagen bringen Floriansjünger aus Neudenau Material, Notstromaggregate und vor allem Tragen. Ärzte versorgen die Mimen. Astrid Ziener, Unfallchirurgin der SLK-Klinik Gesundbrunnen, diagnostiziert bei einer Frau eine Sprunggelenkfraktur. „Wir bringen die Liegendverletzten schnell weg", erklärt Josef Stute, Zugführer der Feuerwehr Neudenau, gegen 1.20 Uhr. Über die Schienen.
Die THW-Helfer erhalten noch ihr Erfolgserlebnis. „Ich warte, bis die Seilbahn fertig ist", sagt der mit Theaterblut geschminkte Horst Frank aus Neudenau am Bahndamm. 40 THW-Helfer arbeiten fieberhaft in Deitingen, bringen Material wie Spreizer zur Bahn. „Unsere Seilbahn ist rund 32 Meter lang", sagt Thorsten Oberst, Zugführer vom THW Widdern. Seil spannen. Langsam ziehen. Um 2.15 Uhr schwebt Frank in der Liege über die Jagst. „Die Übung ist gut abgelaufen", zieht Kommandant Wagner als Fazit. Seine Erkenntnis: Im Notfall braucht man mehr Gleiswagen. Die Verletzten müssen bis zum Bahnübergang gebracht werden.
Bild 1: Feuerwehr und DRK holen die Schwerverletzten aus dem Zug.Bild 2: Mit Theaterblut werden die verletzten Personen im Zug geschminkt.Bild 3: Auch über die Jagst kommen Feuerwehrleute und Ärzte zu Hilfe.Bild 4: Um 2.15 Uhr ist der letzte Darsteller der Großübung geborgen, mit der Seilbahn über die Jagst, die das Technische Hilfswerk nach Mitternacht aufgebaut hatte.(Fotos: Guido Sawatzki, HSt)
Bild 5: Abschnittsleitung der Feuerwehr MöckmühlBild 6: Besprechung der NotärzteBild 7: Aufbau der VerletztensammelstelleBild 8 u. 9: Einsatzleitung im ELW2Bild 10: Verletzensammelstelle in Betrieb(Fotos: Volker Lang, KFV-Medienteam)