Unter den Notfallrettern in Stadt und Landkreis herrscht Verwirrung. Ein Schreiben, in dem Sozialministerin Monika Stolz den Rettungsdiensten quasi die Daumenschrauben ansetzt, hat für Unruhe gesorgt. „Ab sofort“ sei überall im Rettungsdienst die 112 als Notrufnummer zu verwenden und „unverzüglich“ der Umstieg auf die einheitliche europäische Notrufnummer 112 zu vollziehen, steht darin. Bis 1. Juli werden alle Rettungsdienstorganisationen gebeten, über den Vollzug zu berichten.
Das saß. DRK und ASB, die in Stadt- und Landkreis Heilbronn den Rettungsdienst unter der Nummer 19222 organisieren und die gerade einen Vertrag über eine gemeinsame Leitstelle mit der Feuerwehr ab 2011 unterschrieben haben, reagieren mit Kopfschütteln. Weil das Geforderte den Praxistest derzeit nicht bestehen würde.
Umwege
Wer die 112 wählt, landet bei der Feuerwehr. „Es würde zu einer Inflation von Anrufen auf der 112 führen“, sagt DRK-Kreisverbandsvorsitzender Ludwig Landzettel. Alle Anrufe über Herzinfarkte, Stichwunden oder schwere Stürze würden zuerst über die Leitstelle der Feuerwehr laufen, wo die Männer an den Notfalltelefonen die Meldungen an die Rettungsdienst-Zentrale weiter verbinden müssten.
Das Problem: Das System wäre überlastet. Eine Direktverbindung hat die Feuerwehr zur Rettungszentrale des DRK. Käme ein zweiter Anruf und die erste Weiterleitung wäre noch nicht beendet, „ist die Leitung belegt, dann verliert man Zeit“, sagt Heilbronns Feuerwehrchef Eberhard Jochim. Die 19222 bereits komplett abzustellen, nennt er „nicht zielführend“. Und kurz vor dem Neubau eines gemeinsamen Hauses übergangsweise neue Direktverbindungen zu bauen, ist für ihn „nicht vertretbar“. Dies würde „gleich ein paar hunderttausend Euro kosten“.
Kritik
Auch ASB-Rettungsdienstleiter Werner Eckert bewertet die „Unverzüglich“-Forderung aus Stuttgart als „im Moment nicht sinnvoll und hilfreich“. „Es brennt eben nicht so oft wie es Menschen gibt, die einen Herzinfarkt haben.“
Sollte das noch zweigeteilte System umgehend auf die 112 umgestellt werden, sieht DRK-Chef Landzettel Qualitätsverluste. „Es würde länger dauern, bis Hilfe zu den Menschen kommt.“ Der Landesverband habe Gespräche mit dem Sozialministerium zu Übergangslösungen aufgenommen. Landzettel ist optimistisch: „Ich glaube an den gesunden Menschenverstand.“
Im Sozialministerium wird die Frage nach der Praxistauglichkeit dieser neuen Vorgabe weitergeschoben. Die Forderungen bezögen sich auf eine neue Bundesverordnung über Notrufverbindungen, sagt Sprecherin Susanne Keller. „Es muss bundesweit geltendes Recht umgesetzt werden.“ Und dieses Recht sehe keine Übergangsfristen vor. Sie verweist zudem auf eine Weisung für eine einheitliche Notrufnummer, die es bereits im Jahr 2007 gegeben habe.
Foto: HSt