„Der Stresslevel nimmt zu“, sagt Eberhard Jochim, Kommandant der Berufsfeuerwehr Heilbronn, mit Blick auf die Hektik und den Zeitdruck an einem Unfallort. Kreisbrandmeister Uwe Vogel vom Landratsamt spricht von „neuen Risiken“, die mit neuen Fahrzeugtechniken und verbauten Werkstoffen einhergehen. Es sei aber nichts Neues für die Angehörigen der Feuerwehren, sich auf veränderte Gefahrenlagen einzustellen.
Kommt es zum großen Crash, stehen die Retter vor Ort vor einer „anspruchsvollen Aufgabe“, so Thomas Unger, beim Automobilclub ADAC zuständig für Unfallforschung und Fahrzeugsicherheit. Eberhard Jochim wird konkret: „Unsere Leute müssen wissen, wo Gefahren lauern.“
Handelt es sich beim Fahrzeug um ein altbewährtes Benzin- oder Dieselmodell oder um ein Elektro- oder Hybridfahrzeug? Wo genau befinden sich die Gaskapseln der Airbags? Wo sitzt beim E-Auto die Batterie – unter dem Fahrersitz, im Kofferraum oder unter der Motorhaube? Ist sie entladen oder steht sie noch unter Spannung? Was passiert, wenn elektrische Steller an Fenstern, Sitzen und Lenkrädern nicht mehr funktionieren?
„Bei der Feuerwehr ist das allerwichtigste die Erkundung der Lage“, sagt Jochim. „Welche Gefahren bestehen?“ Aus den Antworten aller Fragen ergibt sich die Einsatztaktik. Es geht darum, weder Helfer noch Unfallopfer zu gefährden.
Da ist es wichtig zu wissen, auf welche Werkstoffe die Feuerwehrleute stoßen. Brennen Kunststoffe und Kohlenstoffverbindungen wie Carbon beispielsweise, entwickelt sich starker Rauch. Mit Atemschutzmasken schützen sich die Retter gegen giftige Dämpfe und Partikel in der Luft. Oder Lithium-Ionen-Batterien: Sie brennen, wenn überhaupt, nur mit Verzögerung, nennt Kreisbrandmeister Vogel ein Beispiel. Ist das Feuer aber erst einmal ausgebrochen, gehe es sehr schnell. Das Feuer lasse sich nur schwer löschen, die Wehr benötige mehr Wasser und besondere Löschmittel. „Wenn wir dann eine eingeklemmte Person haben …“
Infos zu Fahrzeugen per Laptop
Mercedes, BMW, Opel, Volkswagen, Ford: Automobilhersteller produzieren unzählige Modelle. Sie werben mit immer sicher werdenden Fahrzeugen. Hochfeste Stähle in Türrahmen und sichere Fahrgastzellen sorgen dafür, dass viele Unfälle in der Tat vergleichsweise glimpflich ausgehen. Sind Autoinsassen jedoch auf Hilfe angewiesen, sollte es schnell gehen.
Unfallexperte Thomas Unger verweist auf die Rettungsdatenblätter der Hersteller, die eine Vielzahl an Informationen für die Helfer zur Verfügung stellen. Diese sind häufig als Sicherheitskarte direkt im Fahrzeug zu finden, meist klemmen sie unter der Sonnenblende. Die Berufsfeuerwehr Heilbronn jedoch greift am Unfallort Fahrzeuginfos in der Regel per Laptop ab. Im mobilen Computer sind alle wichtigen Infos zu allen Modellen hinterlegt, erklärt Jochim.
Fortbildung und gute technische Ausstattung sind entscheidend
Für ihn wie für Kreisbrandmeister Uwe Vogel ist das Fortbildungskonzept für die Berufs- und freiwilligen Feuerwehren in der Stadt und im Landkreis entscheidend. „Wir müssen gut ausgebildet sein“, sagt Vogel. Was die technische Ausstattung der Einheiten angeht, sind die Kommunen gefragt.
Professor Andreas Reichert von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Mosbach schaut mit dem Blick des Forschers auf Unfälle mit E-Autos. Für Feuerwehren ist er ein wichtiger Ansprechpartner. „Wir gucken uns die Einsatzszenarien an“, sagt Reichert. Helfer müssten wissen, wie sie mit den unterschiedlichsten Fahrzeugen umgehen sollten. Er mahnt Schulungen, insbesondere für die freiwilligen Retter an. „Sie sind zum Großteil nicht vorbereitet.“
„Wir haben das Thema deutlich auf dem Schirm“, sagt dagegen Uwe Vogel. Konzepte sind in Arbeit. So stecke man gerade in der Überlegung, alle Fahrzeugdaten bei der Integrierten Leitstelle zu hinterlegen.