Eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs sorgt bei den Rettungsdiensten in der Region für Kopfschütteln: Die obersten Steuerrichter haben Anfang des Monats geschrieben, dass sie die Gemeinnützigkeit von Rettungs- und Krankentransporten anzweifeln. Dann müssten im Stadt- und Landkreis Heilbronn das Deutsche Rote Kreuz (DRK) und der Arbeiter Samariter Bund (ASB) Gewerbesteuer zahlen, sobald sie mit ihren Einsätzen Gewinne erzielen.
Abstriche machen Beim DRK sieht der stellvertretende Kreisgeschäftsführer Gerd Kowalkowski für diesen Fall höhere Kosten auf die Allgemeinheit zukommen. Schließlich müssten die Rettungsdienste die höheren Ausgaben wieder hereinholen, wenn sie mit den Krankenkassen über die Entgelte verhandeln. Derzeit gibt es für den Einsatz eines Rettungswagens 308,20 Euro, beim einfachen Krankentransport nur 44,57 Euro sowie 1,74 Euro je gefahrenen Kilometer. Wenn der Notarzt zusätzlich mit seinem Einsatzauto ausrückt, werden nochmals 163,09 Euro gezahlt. „Wenn wir Steuern zahlen müssten und die Kosten nicht ersetzt bekommen, müssten wir irgendwo Abstriche machen", sagt Kowalkowski. „Unsere Kostenstruktur ist jetzt schon so schlank, dass dafür keine Luft mehr ist."
Harte Worte hatten die Richter gefunden, als sie den Fall eines gewerblichen Krankentransportdienstes aus Sachsen behandelten, der sich ebenfalls von der Gewerbesteuer befreien lassen wollte. Sie wiesen dessen Klage zwar zurück, schrieben aber in ihrer Entscheidung, dass ihrer Meinung nach Transport- und Rettungsdienste von Wohlfahrtsverbänden wie DRK, ASB oder Feuerwehr „um des Erwerbes Willen und nicht zum Wohle der Allgemeinheit" ausgeübt würden. Diese Tätigkeiten seien auf Gewinnerzielung ausgerichtet, auch wenn der Überschuss in anderen Sparten des jeweiligen Verbandes für gemeinnützige Zwecke eingesetzt werde.
Kein Gewinn Rainer Holthuis, Geschäftsführer des ASB-Regionalverbands Heilbronn-Franken, bleibt angesichts dieser Formulierungen noch gelassen: „Wir müssten dann keine Steuern zahlen. Wir erzielen mit dem Rettungsdienst ja keinen Gewinn, doch daraus errechnet sich die Gewerbesteuer", sagt er. „Allerdings könnte es sein, dass wir dann umsatzsteuerpflichtig werden." Er sieht diese Debatte in einer Reihe mit Diskussionen, wie es sie seit dem Aufkommen privater Rettungsdienst-Anbieter immer wieder mal gegeben hat. So sollten auch schon einmal die Mitgliederbeiträge von Wohlfahrtsverbänden besteuert werden, erinnert er sich. „Ich glaube auch in diesem Fall, dass nicht viel geschehen wird", meint Holthuis. „Das hieße ja, das System der Gemeinnützigkeit auf den Kopf zu stellen." Der ASB Heilbronn-Franken hat vor zwei Jahren den einzigen Privatanbieter der Region, die Frankenambulanz, übernommen.
Auch Gerd Kowalkowski bleibt trotz seiner Befürchtungen ruhig: „Das ist noch gar nicht zu Ende gedacht worden", meint er. „Ich glaube, es wird nicht so kommen, weil man erkennen wird, dass es nicht funktionieren wird."
Hintergrund: Rettungs-Statistik
Im vergangenen Jahr hat das Deutsche Rote Kreuz im Kreisverband Heilbronn im Bereich Notfallrettung exakt 11 696 Fahrten mit dem Rettungswagen, 2788 Krankentransporte regstriert sowie 4485 Notarzt-Einsätze, die bei den Rettungswagen-Fahrten notwendig waren. Hinzu kamen 16 184 reguläre Krankentransporte, bei denen insgesamt 60 997 Kilometer zurückgelegt wurden. Der ASB-Regionalverband Heilbronn-Franken zählte vergangenes Jahr etwa 6500 Einsätze mit dem Rettungswagen sowie 13 000 Krankentransporte.
Bild: Für Unfalleinsätze wie diesen bei Talheim bekommen DRK und ASB für einen Rettungswagen 308,20 Euro, für den Notarztwagen weitere 163,09 Euro. Demnächst könnte für diesen Dienst Gewerbesteuer anfallen. (Foto: Archiv/Dirks)