Aus dem Alpenland-Pflege- und Betreuungsheim dröhnt der Feueralarm. Nachtwache Monja Lanze steht leicht nervös vor dem Eingang und wartet darauf, dass die Feuerwehr ankommt. „Ich muss denen sagen, wie viele Bewohner und Pflegekräfte eingesperrt sind“, erklärt sie. Das wurde ihr genau vorgegeben, denn der Alarm ist die Jahreshauptübung der Freiwilligen Feuerwehr Bad Rappenau. „Ich finde das nicht schlecht, dass man so eine Situation jetzt mal nicht nur auf dem Papier, sondern in echt durchspielt.“
Das Team um Kommandant Felix Mann und seinen Stellvertreter Axel Klumbach hat sich folgendes Szenario überlegt: In einem Hauswirtschaftsraum im Keller von Haus 1 ist ein Feuer ausgebrochen. Weil die Brandschutztüren verstellt sind, ist das ganze Treppenhaus schnell verraucht, der Qualm zieht bis nach oben. Dort oben gibt es ebenso Personen, die zu retten sind, wie im Keller. Und nicht alle sind gehfähig. „Wir haben in Bad Rappenau viele Altenheime und Kliniken, die ein hohes Gefahrenpotenzial bergen. Deswegen ist das für uns eine wichtige Übung aber auch für die Einrichtung, damit die sieht, ob ihre Brandschutzpläne auch funktionieren“, erklärt Klumbach.
Schulung Das sieht Pflegedienstleiterin Seyhan Karadeniz genauso. „Wir hatten vor einer Woche eine Brandschutzhelferschulung, letztes Jahr wurde unsere Brandschutzverordnung komplett erneuert – und es gab neue Brandschutztüren. Jetzt können wir testen, ob das alles klappt“, erklärt sie. Bewusst wurde für die Übung das Haus 1 gewählt, der geschlossene Bereich der Eingliederungshilfe. Hier sind psychisch kranke und suchtkranke Menschen untergebracht. Die wurden nicht vorgewarnt, weil sich mancher dann vielleicht zu sehr in eine Aufregung hineingesteigert hätte. „Die Übung ist im Keller, damit wir im Pflegebereich ein so normal wie mögliches Tagesgeschehen haben können“ sagt Karadeniz.
Dort sitzen zwei alte Damen im Eingangsbereich und ertragen stoisch den lauten Alarm. Interessiert beobachten sie das Geschehen, als der erste Trupp der Abteilung Bad Rappenau eintrifft. Sie werden von den Abteilungen Süd, Heinsheims Einsatzleitwagen und Obergimpern unterstützt. „Die Schadenslage reicht nicht für alle, außerdem müssen wir ja auch Personal für potenzielle Realeinsätze vorhalten“, erklärt Klumbach, warum nicht alle Wehrleute dabei sind.
Drehleiter Hilfegeschrei tönt aus dem Obergeschoss. Kurz zucken die Mitarbeiter zusammen, aber es sind nur Statisten. Die Drehleiter ist auch schon da, und die zwei werden in Windeseile herausgeholt. Der Rest ist deutlich komplizierter. Die Nebelmaschine hat ganze Arbeit geleistet, man sieht kaum die Hand vor Augen. Schreie der Eingeschlossenen sind zu hören, auch andere Geräusche eines echten Brandes werden eingespielt, um den Stress zu erhöhen. Ein Problem: Für den geschlossenen Bereich hat nur der Hausmeister die Schlüsselgewalt, und der wird bei diesem Einsatz ordentlich ins Schwitzen kommen. Ständig muss er hierhin und dorthin, um wieder eine Tür zu öffnen.
Schon länger sind die Einsatzkräfte im Keller zugange, als endlich einer auf die Idee kommt, den Rauchabzug zu öffnen. „Das ist mal eine richtig gute Idee“, grinst der beobachtende Kommandant. „Natürlich werden hier taktische und technische Fehler gemacht, aber die Leute sollen ja auch was mitnehmen, aus dem sie lernen können“, meint Felix Mann. Trotzdem ist er mit der Leistung seiner Mannschaft zufrieden. „Das Gebäude ist wirklich äußerst komplex, die Belastung war real.“ Wie aufs Stichwort läuft ein schwitzender Atemschutzträger vorbei. „Die haben uns heute ganz schön gefordert“, stöhnt er.