Der Anblick lässt einem Tränen in die Augen steigen. „Sie glauben gar nicht, wie viele Leute hier schon geweint haben“, sagt Herbert Benzschawel, der mit seinen Kripo-Kollegen bis gestern in der Ruine des Bad Wimpfener Fachwerk-Hotels Sonne nach der Brandursache gesucht hat. Sie wird wohl nie gefunden werden.
„Es wird uns wahrscheinlich nicht gelingen, endgültig zu sagen: Das war's“, macht sich der Kripo-Mann schon während der drei Tage dauernden Suche vor Ort keine Illusionen. Nichts deutet auf Brandstiftung hin. Um genau nachweisen zu können, wo das Feuer in der Nacht zum Montag ausgebrochen ist, haben die Flammen zu viel vernichtet. „Ich kann mich an keinen anderen Fall erinnern, in dem ein Wohngebäude derart stark abgebrannt ist“, sagt Benzschawel, seit 20 Jahren Brandermittler.
Noch Tage nach dem verheerenden Feuer hängt Brandgeruch über der Wimpfener Altstadt und in den Kleidern derer, die mehrere Gassen weit entfernt wohnen. Schwarz und schemenhaft sind in der ausgebrannten Gaststube die Sitzbänke zu erkennen. „Was für uns interessant gewesen wäre, ist das Treppenhaus“, sagt Rolf Würz vom TÜV, der als Elektro-Sachverständiger bei der Spurensuche hilft. Aber vom Treppenhaus geblieben ist bloß ein einsturzgefährdetes Etwas mit verbogenen Geländerteilen. Zu gefährlich.
Bis der Boden im Eingangsbereich von heruntergefallenen Trümmern frei ist, sind die Spurensicherer mit Aufräumen beschäftigt und durchsuchen jede Schaufel voll nach Auffälligkeiten. Trotzdem: Eberhard Göttle und Andreas Vogelmann vom Spurensicherungsdezernat der Kripo graben sich keinesfalls im ganzen Haus durch die schwarzen Reste. Das wäre „ Beschäftigungstherapie“, sagt Benzschawel.
Brandermittlungsarbeit - mit die schwierigste Art Ermittlungen, die es gibt - ist zu einem großen Teil Kopfsache. Objektive Befunde wie Aussehen des Brandortes, Brandverlauf, Thermik, und subjektive Befunde wie Zeugenaussagen helfen den Ermittlern, der Ursache näher zu kommen. Benzschawel: „Man versucht, alles auszuschließen, was es nicht gewesen sein kann. Wenn man Glück hat, bleibt eine Sache übrig; manchmal drei oder vier.“
Die Liste, die die Ermittler auf der Suche abarbeiten, beginnt mit natürlichen Ursachen wie Blitz, Funkenflug, Sonne, geht weiter mit technischen Ursachen und endet bei fahrlässiger oder vorsätzlicher Brandstiftung. „Mit den Resten, die man hat, Urzustand und Ursache zu rekonstruieren“, wie Brandermittler Bernd Dankwerth das Ziel aller Brandermittlungen umreißt, ist in der Sonne-Ruine unmöglich.
„Ganz Bad Wimpfen steht unter Schock, weil wir am Haupteingang der Altstadt dieses Gebäude verloren haben“, fasst Bürgermeister Claus Brechter den Gemütszustand in der Stauferstadt in Worte. Ob sich die Wunde, die der Abbruch des Hauses schlagen wird, wieder schließt, kann noch niemand sagen. Was hier verloren gegangen ist, ist ohnehin unwiederbringlich.
19.12.2003