Kommandanten verweisen auf große Anstrengungen und begrüßen Stärkung des Ehrenamts – Einsätze tagsüber sind ein Problem
Das System der Feuerwehr mit vielen ehrenamtlichen Einsatzkräften steht auf dem Prüfstand, vielleicht sogar am Scheideweg. Eine stärkere Unterstützung des Ehrenamts, weil das System an manchen Stellen „sonst nicht mehr zukunftsfähig“ sei, fordert der Präsident im Landesfeuerwehrverband und stellt ein Strategiepapier vor.
Den Freiwilligen Feuerwehren fehlen vor allem tagsüber Mitstreiter, die vom Arbeitsplatz an einen Einsatzort kommen können. Auch in der Stadt Heilbronn sieht Feuerwehrkommandant Eberhard Jochim die Entwicklung mit einigen Sorgenfalten. Die Zahl der aktiven ehrenamtlichen Feuerwehrkräfte sei zwar in den letzten Jahren konstant geblieben (2014: 278 Mitglieder). Aber: In etwa der Hälfte der Stadtteil-Abteilungen sei tagsüber die Alarmsicherheit nicht gewährleistet. „Man braucht mindestens neun Leute. Da alarmieren wir mehrere städtische Abteilungen und Kräfte der Berufsfeuerwehr, um dies abzudecken“, sagt Jochim. Dadurch könne man die Hilfsfrist einhalten.
Grenzen Es werde heute bei der nötigen beruflichen Flexibilität und entfernt liegender Arbeitsplätze „schwieriger“, den Arbeitsplatz zu verlassen. Jochim verweist auf 1659 Einsätze im Jahr 2014 – rund vier pro Tag. Die Freiwilligen Feuerwehren seien 300 Mal im Vorjahr ausgerückt. „Das ist ein hoher Wert.“ Mit interessanten Angeboten und guten Jugendbetreuern konnte man auch die Mitgliederzahl in der Jugendfeuerwehr zuletzt steigern. In Zukunft erwartet Jochim durch die fortschreitende Alterung der Bevölkerung steigende Einsatzzahlen – und er sieht Grenzen erreicht. Deshalb sei es zwingend, das Ehrenamt zu stärken. Jochim sieht das neue Strategiepapier als wichtige Diskussionsgrundlage. Einige Vorschläge indes, wie eine Bevorzugung von Feuerwehrkräften bei Einstellungen in Kommunen oder bei der Bauplatzvergabe, bewertet er kritisch. „Ehrenamt ist Ehrenamt“, sieht er eine einseitige Bevorzugung auch rechtlich als problematisch an.
Kreisbrandmeister Uwe Vogel könnte sich vorstellen, Firmen, die Mitarbeiter zu Feuerwehreinsätzen entsenden, über die Gewerbesteuer zu entlasten. Und: Die Feuerschutzsteuer müsse ausschließlich für Feuerwehren verwendet werden.
Die Personalentwicklung in den Landkreisfeuerwehren sieht Vogel positiv. 2013 habe man mit 4143 Kräften den bisher höchsten Stand erreicht. Auch hier sorge ein flexibles Alarmierungssystem für Hilfe aus anderen Kommunen. Vogel: „Das funktioniert gut.“ Wie es sich künftig entwickelt, wisse er jedoch nicht. „Wir müssen erhebliche Klimmzüge machen“, um den guten Personalstand „hinzubekommen“.
Kritik Eberhard Jochim mahnt, Ehrenamtliche nicht zu überfordern. Dass Feuerwehrmitarbeiter bei Veranstaltungen zum Teil als Parkplatzeinweiser oder Streckenposten feuerwehrfremd eingesetzt werden, ist für ihn ein „Missbrauch“ der ehrenamtlichen Kräfte.
Bild: Brandeinsatz der Bad Friedrichshaller Wehr: Die Frage, wie man die Zukunft der Freiwilligen Feuerwehren sichert, beschäftigt alle Einheiten. (Foto: Archiv/Plückthun)