Auf dem Papier ist alles geregelt. Passiert im Stadt- oder Landkreis Heilbronn ein großes Unglück mit vielen Verletzten, sind sie da. Rettungsdienst, Ehrenamtliche von DRK und ASB, Polizei, Notärzte, Feuerwehr, Notfallseelsorge, Katastrophenschutz. „Dann werden Knöpfe gedrückt, und die Rettungskette läuft“, sagt Dr. Wolfgang Balz.
Doch werden es ausreichend viele Helfer sein? Für Katastrophen, Terroranschläge, Busunglücke ist der Regelrettungsdienst weder personell noch materiell ausgestattet, schränkt der Leitende Notarzt aus Pfaffenhofen ein. „Wir müssen mit begrenzten Mitteln an Material und Personal möglichst vielen helfen - und brauchen andere Strategien.“
Testlauf Dieses Konzept für den Massenanfall von Verletzten (MANV), an dem ein Arbeitskreis vor Ort zwei Jahre lang arbeitete, wurde jetzt im großen Stil getestet. Das Übungsszenario dafür: Schulbusunglück mit 50 Verletzten. Der Bus liegt auf der Seite, in Sichtweite zwei weitere kaputte Autos. Ein drittes liegt mit Personen im See, das weiß nur noch keiner. Ein Fall für die Berufsfeuerwehr. Eineinhalb Stunden lang läuft für die Beobachter ein bunter, aufgeregter Film ab, der zunehmend von Notärzten und Rettungskräften bevölkert wird und sich links, rechts und weiter hinten abspielt. Zunächst nur Chaos, in das langsam und immer mehr Ordnung kommt. So soll es sein.
Die Feuerwehr ist zuerst am Unglücksort und gleich gefragt. Unverletzte Kinder steigen aus dem Bus aus, irren herum, Feuerwehrleute rennen hinter ihnen her. „Das war ungewohnt für uns, dass wir uns zunächst nicht um die technische Rettung kümmern mussten“, sagt der Brackenheimer Feuerwehrchef Harald Zeyer dazu.
50 Verletzte im Bus, ein Autofahrer liegt eingekeilt darunter. „Was würdest du zuerst tun?“, fragte sich nicht nur der Brackenheimer Bürgermeister Rolf Kieser, wie man in so einer Situation überhaupt richtige Entscheidungen treffen kann. „Man hat zwei Hände und 50 Verletzte“, schüttelt Georg Schultes, DRK-Kreisbereitschaftsleiter, den Kopf. Jeder Verunglückte wird durch einen Notarzt angeschaut, bekommt eine Karte um den Hals. Die Schwerverletzten (rote Markierung) werden von Zeit zu Zeit kontrolliert, ihre Situation könnte sich verschlechtern. Zusätzliche Kräfte müssen frühzeitig angefordert, die Verletzten abtransportiert werden. Welche Klinik? Nach Brackenheim, Bad Friedrichshall, Heilbronn oder in eine Spezialklinik? Ein Behandlungsplatz ist eingerichtet, die mobile Einsatzleitung koordiniert alle Anfragen. „Wo ist der Notfallseelsorger? Wir brauchen einen Hubschrauber“, schnarrt es über Funk. „Das Schwierige ist die Kommunikation, das muss man üben“, sagt Beobachter Balz und fügt hinzu: „Es ist extrem wichtig, dass wir die Schwachstellen unseres Papiers erkennen.“ Und für die Helfer geht darum, die Basics, die Standardstrukturen zu verinnerlichen, denn im Ernstfall kommen der enorme Stress, die Verantwortung für andere Menschenleben noch hinzu.
Andreas Rudlof, Chef der Flughafenfeuerwehr in Stuttgart, lobt alle und ist überzeugt: „Aus so einer Übung lassen sich nur positive Erkenntnisse ziehen.“
Bild 1: Wenn Feuerwehr und Rettungsdienst zusammenarbeiten, müssen sie die Probleme und Nöte des anderen kennen, um gutes Teamwork leisten zu können.Bild 2: Ein Auto wurde in den See geschleudert: Die Taucher sind gefragt.(Fotos: Andreas Veigel, HSt)