Es ist kurios: Im Rettungsdienst schafft das Rote Kreuz in Heilbronn in den Nachtstunden einen Rettungswagen ab, den es zuletzt offiziell gar nicht gab. Seit Anfang Oktober stehen in den drei Wachen Heilbronns zwischen 22 und 8 Uhr nur noch zwei Rettungswagen des ASB mit Personal für Notfälle bereit. Zwei Wagen − so, wie es der durch Gutachter gestützte Bereichsplan Notfallrettung für die Stadt als Bedarf vorgibt. Nur diese zwei Wagen werden über das festgelegte Jahresbudget von Krankenkassen, Unfallversicherungen und Berufsgenossenschaften finanziert.
Fahne hoch
Es waren drei. Aus Eigenmitteln hat der DRK-Kreisverband in Heilbronn über Jahre den dritten Rettungswagen betrieben. Weil man "die Fahne des DRK" auch nachts hochhalten wollte, als die private − inzwischen aufgelöste − Franken Ambulance 1998 neu auf den Markt kam, wie Geschäftsführer Ludwig Landzettel erläutert. Das DRK musste damals seinen Rettungswagen laut Bedarfsplan nachts eigentlich abschaffen. Man entschied sich dafür, den Wagen weiter einzusetzen. Rund 100 000 Euro zahlte das DRK pro Jahr aus dem eigenen Gesamttopf. Für eine Besatzung, die auch auf einem Krankentransportwagen hätte fahren können. Die Einsatzleitstelle habe dadurch "mehr Luft gehabt", blickt Landzettel auf weitere Gründe.
Jetzt, durch steigende Kosten, zum Beispiel durch zu ersetzendes Personal bei Zivildienststellen, sieht der DRK-Chef verstärkten Druck, zu sparen. Die nächtliche "Überversorgung" in Heilbronn durch den dritten Rettungswagen wird abgebaut; die Besatzung zunächst auf einen Krankenwagen umgesetzt.
Im Schnitt waren es "zwei bis drei Einsätze nachts", sieht Landzettel keine großen Probleme durch den Abzug. An einer sicheren Versorgung der Bevölkerung werde nicht Hand angelegt. Wenn die zwei verbliebenen Wagen in Heilbronn gleichzeitig im Einsatz seien, "kommt ein Wagen aus Plattenwald, Ilsfeld oder Bad Rappenau".
Verständnis
In 95 Prozent aller Fälle muss ein Rettungswagen innerhalb von 15 Minuten am Unfallort sein. Ob diese Hilfsfrist künftig in Heilbronn wie bisher eingehalten wird, fragt sich ASB-Rettungsdienstleiter Werner Eckert. In Einzelfällen "kann es zu Überschreitungen kommen", glaubt er. Man müsse sehen, wie es sich entwickle. Den Schritt des DRK kann er verstehen. Durch Änderungen im Zivildienst "werden erhebliche Mehrkosten entstehen". Skeptisch sieht der Heilbronner Sprecher der Leitenden Notärzte die Entwicklung. "Die medizinische Versorgung wird geschwächt, das ist einfach so", sagt Dr. Georg Breuer. Er verweist darauf, dass bei einem schweren Unfall "schnell drei, vier Rettungswagen unterwegs sind". Bei einer Reanimation habe man ein Zeitfenster von wenigen Minuten, ehe Hirnschäden auftreten.
Man sollte niemanden verunsichern, mahnt AOK-Geschäftsführerin Michaela Lierheimer. Ein Gutachter habe den Bedarf für Heilbronn mit zwei Rettungswagen berechnet. Jeder Einsatz werde dokumentiert. Sollte die neue Struktur dazu führen, dass die Hilfsfrist nicht eingehalten werde, "muss man prüfen, ob etwas zu korrigieren ist". Sie sieht aktuell keine Gefahr für Patienten. Im Notfall könne ein Rettungshubschrauber angefordert werden.
Struktur Notfallrettung
Elf Rettungswachen gibt es in der Region, drei in der Stadt Heilbronn, acht im Landkreis (Bad Friedrichshall, Bad Rappenau, Eppingen, Brackenheim, Möckmühl, Löwenstein, Ilsfeld, Lauffen). Im Landkreis steht in jeder Wache rund um die Uhr ein Rettungswagen bereit – bis auf Lauffen (nur tagsüber). Daran werde sich künftig nichts ändern, teilen DRK und ASB mit.Wie ähnlich große Städte wie Heilbronn nachts mit Rettungswagen besetzt sind? In Reutlingen stehen zwei Wagen bereit, in Pforzheim und Ulm drei.