Kehrt die Feuerwehr von einem Einsatz zurück, geht die Arbeit für die Männer noch einmal richtig los
Die Reste alter Obstkisten und Einwegplatten kokeln auf dem Hof der Berufsfeuerwehr Heilbronn. Eine Schulklasse war mal wieder zu Gast. Für ein paar Minuten Feuerwehrmann spielen. Der Traum von so vielen kleinen Jungs. Der Zeichentrickfigur Sam sei Dank. Floriansjünger heranziehen und für die Gefahr der Flammen sensibilisieren. Damit es den Schülern nicht so geht wie Paulinchen im Struwwelpeter.
Ruhig, sortiert und aufgeräumt wirkt das Feuerwehrmagazin in der Beethovenstraße an diesem grauen Morgen. Es ist wenig los dieser Tage, erklärt Jürgen Vogt, Pressesprecher der Berufsfeuerwehr Heilbronn. Das bedeutet keinesfalls, dass es für die Brandbekämpfer nichts zu tun gibt. Nach dem Einsatz ist vor dem Einsatz. Ein Beruf, so interessant wie das Leben, heißt es bei der Polizei. Wenn der Spruch nicht auch für die Feuerwehr gilt.
Angebranntes Essen stinkt
Brände, Unfälle, eingeschlossene Menschen, Menschen, die ins Wasser gefallen sind, auslaufende, gefährliche Flüssigkeiten und, und, und. Für all die Einsätze braucht es Geräte, Fahrzeuge. Die Feuerwehrleute benötigen Uniformen und Funktionskleider. Schmutz ist das Eine. Das Andere sind die Gerüche, die nach den Bränden in den Anzügen bleiben. „Angebranntes Essen stinkt am stärksten“, sagt Jürgen Vogt. Deshalb werden die Anzüge noch am Einsatzort ausgezogen. Sie kommen zunächst in einen Kunststoffsack und werden dann in einen Wäschesack gestopft. Ein Ersatzwagen mit Ersatzuniformen steht am Einsatzort bereit. Rauch, Ruß und Schmutz sollen nicht im Wagen oder im Feuerwehrmagazin landen. Die Kameraden ziehen sich um und fahren mit sauberer Uniform zurück zur Wache.
Die verschmutzten Klamotten kommen in eine 1,60 Meter hohe Waschmaschine. 25 Kilogramm fasst das XXL-Monstrum. Wolfgang Stumpp, Hauptbrandmeister aus Heilbronn, hat dieses Mal Waschdienst. „Jeder Feuerwehrmann ist auch mal für die Wäsche zuständig“, sagt Vogt. Stumpp schiebt die dunkelblauen Uniformen mit den Signalstreifen durch die geöffnete Luke der Maschine. Klappe zu. „An manchen Tagen können es schon mal 100 Uniformen sein, die zu waschen sind“, sagt der 59-Jährige. Nach eineinhalb Stunden ist das Programm durchgelaufen. Nach dem Trocknen wird jede Uniform an den Spind des Feuerwehrmannes gehängt.
Schläuche hängen im Schlauchturm
Hat es irgendwo gebrannt, ist nicht nur die Einsatzkleidung verschmutzt und muss gewaschen werden. „Am dreckigsten sind die Schläuche. Die werden durch den Brandschutt gezogen“, sagt Vogt. 15 bis 20 Meter ist ein Standard-Schlauch lang. Der längste misst 60 Meter. Nach einem Brand rollen die Männer die Schläuche zusammen und packen sie auf den Schlauchwagen. Zurück im Magazin steht Hauptbrandmeister Timo Schoch bereit. Der 43-Jährige aus Untergruppenbach ist Leiter der zentralen Schlauchwerkstatt. Die schmutzigen Schläuche werden in eine Maschine eingespannt, gereinigt und auf Dichtigkeit geprüft. Und wer sich schon einmal gefragt hat, welche Funktion der 25 Meter hohe Turm auf dem Gelände der Feuerwehr erfüllt? Er dient als Trainingsobjekt für Abseil- und Leiterübungen. Oben drauf sind die Funkantennen montiert. Und im Innern werden die nassen Schläuche zum Trocknen aufgehängt. Nicht nur die von der Feuerwehr Heilbronn. „Alle Feuerwehren südlich der Stadt bringen ihre gebrauchten Schläuche zu uns“, sagt Schoch. Die nördlichen Landkreisgemeinden bringen sie zur Feuerwehr nach Neckarsulm. „Die Schläuche werden von uns geprüft und bei Bedarf repariert. Alles wird dokumentiert.“ Sind die Schläuche sauber, erfolgt Lieferung frei Haus. Schläuche der Heilbronner Feuerwehr kommen ins Schlauchlager. Bereit für den nächsten Einsatz.
Einsatzbereit müssen auch die Uniformen sein. Jeder Feuerwehrmann hat zwei Garnituren. Nach und nach werden die alten gegen neue, gelbe ausgetauscht. Erst kürzlich hat sich die Feuerwehr nach neuen Einsatzklamotten umgeschaut. Blaue, rote, gelbe und sandfarbene standen zur Auswahl. „Wegen der besseren Sichtbarkeit fiel die Wahl auf die sandfarbene Uniform“, sagt Markus Widmann. „Mit dieser Farbe sind wir besser von Polizei und Sanitätern zu unterscheiden und bei Einbruch der Dunkelheit auch besser sichtbar.“ Der Brandamtmann aus Untergruppenbach hat in dieser Woche die Kleiderkammer unter sich. Ein Gurtsystem, mit dem sich die Feuerwehrmänner bei Einsätzen sichern, ist in die Uniform integriert und kann bei Bedarf rausgenommen werden. Reflektierende Signalbänder sind an Ärmeln, Rücken und Brust eingearbeitet. „Das ist High-Tech-Material und relativ dünn“, sagt der 45-Jährige und zieht eine Uniform vom Kleiderständer. Zehn Sekunden muss der Anzug einer vollen Beflammung Stand halten und darf weder Löcher oder Abschmelzungen aufweisen, erklärt Vogt. 1000 Euro kostet eine neue Uniform.
In 60 Sekunden im Feuerwehrauto
Wer zur Feuerwehr möchte, muss gewissenhaft arbeiten. „Jeder Fahrer ist verantwortlich für die Vollständigkeit im Fahrzeug“, sagt Pressesprecher Vogt. Bis zu 280 unterschiedliche für den Einsatz notwendige Gegenstände sind in einem Feuerwehrauto hinterlegt. Zwischen 1.600 Liter und 3.000 Liter passen in den Wassertank eines Fahrzeugs. Denn: Nicht überall sind Hydranten vor Ort. „Auf der Autobahn oder an Aussiedlerhöfen gibt es keine.“ Sollte das Wasser knapp werden, rückt ein Tankwagen mit 11.000 Liter Kapazität an. Alles muss funktionieren. Fahrersitz, Innen- und Außenspiegel muss der Fahrer vorab auf seine Körpergröße einstellen. Das Fahrzeug ist für die Fahrt zu Brand oder Unfall vollgetankt. Ertönt der Alarm, sind die Einsatzkräfte binnen 60 Sekunden abfahrbereit, egal, wo sie sich im Haus befinden. Denn im Notfall zählt jede Sekunde.
Rund 30 Kilogramm wiegt die Ausrüstung, mit der Feuerwehrleute ein brennendes Gebäude stürmen. Beleuchtungsmittel, zwei Schlauchkörbe, in denen jeweils ein 25 Meter langer Schlauch aufgerollt ist, und ein Rauchschutzvorhang trägt der Mann mit ins Gebäude. Bei Brandeinsätzen kommt der Atemschutz hinzu. Der wird in der Werkstatt gereinigt, geprüft und desinfiziert. Sind die Masken dicht? Funktionieren die Atemschutzflaschen und das Druckmanometer, das den Füllstand anzeigt? Die Kameraden verlassen sich aufeinander. Sie sind ein eingespieltes Team. „Wenn’s Licht angeht und der Alarm ertönt, halten alle zusammen“, sagt Vogt. Kameradschaft ist wichtig, in einem Job, in dem man dem anderen vertrauen muss. Verletzen sich Menschen, müssen die Rettungskräfte Zeiten einhalten. „Vom Schadensereignis bis zum OP-Tisch eine Stunde, die sogenannte Golden Hour of Shock.“ Gemeinsam Menschleben retten oder den Tod eines Menschen miterleben, das schweißt zusammen. „Miteinander reden hilft“, sagt Vogt. Wenn nicht, hat die Feuerwehr einen ausgebildeten Seelsorger. Geschlossenheit in schwierigen Augenblicken. Das zeichnet die Feuerwehr aus.
Zahlen und Daten:
90 hauptberufliche, 307 Frauen und Männer der Freiwilligen Feuerwehr, 91 Jugendfeuerwehrleute und 107 Angehörige der Altersabteilung bilden die Feuerwehr Heilbronn.
Die Feuerwache in der Beethovenstraße wurde 1959 eingeweiht.
Sucht die Feuerwehr nach neuen Mitgliedern, bewerben sich im Durchschnitt 80 Interessenten. Geeignete Anwärter haben eine handwerkliche oder technische Ausbildung.