Eigentlich sind es nur ein paar Ziffern an festem Baustoff wie Klinkerziegel oder Porenbeton. Und dennoch bereiten fehlende oder nicht sichtbare Hausnummern an Gebäuden Einsatzkräften in Notfällen immer wieder Probleme.
„Für uns ist es Alltagsgeschäft, dass wir herumfahren, weil Hausnummern fehlen“, stellt Heilbronns Feuerwehrchef Eberhard Jochim fest. Er findet es sogar „erschreckend“, wie sorglos Bürger bei der Kennzeichnung ihrer Gebäude sind. „Es sind maximal 50 Prozent der Häuser, an denen man von der Straße deutlich die Hausnummer sieht.“ Der Rest: entweder nicht vorhanden oder schwer bis gar nicht lesbar, da zum Beispiel nachgewachsene Büsche und Bäume die Zahlen verdecken. Und auch wenn freie Grundstücke zwischen den Häusern liegen, sei es schwer, die richtige Nummer zu bestimmen.
Bei Bränden sei es nicht das große Problem, weil Rauch sichtbar ist. Aber: Wenn eine Tür geöffnet werden muss, weil ein Mensch in Not in der Wohnung liegt, sei es kritisch. „Das kann schon einige Minuten zusätzlich dauern, wenn man wieder drehen muss“, sagt Jochim - da es Mittelstreifen, Einbahnstraßen oder enge Straßen gebe, in denen Einsatzfahrzeuge nicht einfach wenden können. Umgekehrt würden manche Bürger sich dann aber beschweren, dass es „zu lang gedauert hat“.
Tickende Uhr
Auch Heilbronns Polizeirevierchef Thomas Nürnberger kann nur appellieren, dass Hausbesitzer auf gut erkennbare Hausnummern achten. „Das ist ganz wichtig.“ Wenn es zum Beispiel zu Misshandlungen oder Körperverletzungen komme, „tickt die Uhr“. Wenn dann Hausnummer oder Namensschilder fehlten, müssen die Polizisten im Umfeld mühsam herausfinden, wo genau der Tatort ist. Dies könne sogar dazu führen, dass man nachts Unbeteiligte „aus dem Schlaf klingeln muss“, verdeutlicht Nürnberger - weil man ja in tiefer Nacht keine Passanten auf der Straße fragen könne. Und: Je nach Notfall könne eine solche Verzögerung dramatische Folgen für ein Opfer haben, mahnt er. Als „Basisinformation“ stuft er die klare Kennzeichnung der eigenen vier Wände ein.
Navi-Skepsis
Dass Hausnummern ausgerechnet auf der straßenabgewandten Seite angebracht sind, hat der Rettungsdienst schon öfter erlebt. „Es ist ein Problem“, sagt DRK-Rettungsdienstleiter Markus Stahl. Aber: Er hat den Eindruck, dass sich in Stadt- und Landkreis eine Besserung einstellt. Früher habe es flächenhaft kleine Blechschilder gegeben, auf denen die Nummern verblassten. Heute gebe es oft große, 15 bis 20 Zentimeter hohe Nummern. Ob es Unterschiede zwischen Stadt- und Landkreis gibt, kann er nicht beurteilen. Aber: In engen Straßen mit großen Mehrfamilienhäusern sei die Suche oft schwierig; und bei Einfamilienhäusern seien Schilder häufig durch Pflanzen verdeckt.
Der Rettungsdienst versucht gegenzusteuern, mit amtlichen Daten, die über die Leitstelle haustürgenau auf das Navi der Einsatzfahrzeuge aufgespielt werden. „Die Hälfte der Fahrzeuge“, sagt Stahl, „ist damit ausgestattet“. Das helfe weiter.
Bei der Heilbronner Feuerwehr sind nur etwa fünf Prozent der Fahrzeuge mit modernem Navi ausgerüstet. Überarbeitete Straßenbücher sind sonst mit an Bord. Wehrchef Jochim will sich auch nicht allein auf Navigationsgeräte verlassen. „Das Navi gibt nie den kürzesten, intelligentesten Weg in einer Stadt an“, sagt er. „Sie fahren damit nie optimal.“ Dies könne dann durchaus „einige Kilometer“ Umweg bedeuten.
Nummer ist Pflicht
Wie die Stadt Heilbronn mitteilt, ist es nach dem Baugesetzbuch die Pflicht eines Eigentümers, sein Grundstück mit der von der Gemeinde festgesetzten Hausnummer zu versehen. Die Nummern müssen von der Straße gut lesbar sein, unleserliche Nummern müssen erneuert werden. Stellt die Verwaltung Mängel fest, wird der Besitzer angeschrieben. Bei Nichtbeachtung könnten theoretisch 20 Euro Verwarngeld verhängt werden. Bisher war dies in Heilbronn noch nicht nötig – alle reagierten.
Bild 1: Wo ist hier die Hausnummer? Regelmäßig fahren Einsatzkräfte am richtigen Ort vorbei, weil die Kennzeichnung der Häuser schlecht ist oder sogar ganz fehlt.
Bild 2: Unübersehbar: Ein guter Farbkontrast hilft Rettungskräften, den Einsatzort ohne Probleme zu finden.
Fotos: Andreas Veigel, HSt