Ulrich Kort, ehemaliger Landesbranddirektor Württemberg, schwenkt bei der Stadtführung heftig die am Holzstab befestigte Glocke. „Feurio“ schallt es über den Marktplatz. So etwa müsse es vor 300 Jahren gewesen sein, als das verheerende Feuer in Weinsberg ausbrach, sagt er. 195 Häuser wurden zerstört.
Nach dem ökumenischen Gottesdienst und der Ausstellungseröffnung im Weibertreumuseum folgt die Stadtführung mit Ulrich Kort und Manfred Wiedmann, Experte der Heimatgeschichte. An dem gelb getünchten Privathaus in der Dornfeldstraße stand 1707 die Schmiede, die den verheerenden Stadtbrand auslöste. Erst die Stadtmauer an der Adlergasse hielt das Feuer auf, das sich bis hoch zur Johanneskirche ausbreitete. Die Bürger bildeten Ketten mit Ledereimern durch die Gassen. „Eventuell gab es auch eine Handspritze“, so Kort. Das Wasser schöpften die Weinsberger aus dem aufgestauten Saubach außerhalb der Stadtmauer. „Er diente zu Verteidigungs- wie auch zu Löschzwecken“, meint Wiedmann.
Leichtes Spiel Da die Fachwerkhäuser, mit Stroh und Schilf gedeckt, eng beieinander standen, hatten die Flammen ein leichtes Spiel. „Brandschutz war damals noch nicht im Bewusstsein“, sagt der frühere Landesbranddirektor. „Es bestand aber schon ein Gesetz, dass eine Vorratshaltung im Haus nur für acht Tage erlaubt war“. 20 Keltern gab es wohl zu dieser Zeit in Weinsberg. „Der Schaden beim Wein betrug umgerechnet allein 1,7 Millionen Euro“, teilt er den 50 Teilnehmern der Stadtführung mit.
Feuerwächter Von der Dornfeldstraße, im 18. Jahrhundert die Mittlere Gasse, fällt der Blick auf den Wachturm. „Hier hielt der Feuerwächter Ausschau. Sah er Rauch, rief er in ein langes Rohr, das damalige Megaphon“. Zeichnungen von Wiedmann, die er herumreicht, geben ein beeindruckendes Bild über den Brand und die Stadtentwicklung. „Sehr interessant“, sagen zwei Frauen. Vor dem imposanten Bau der Baukelter versammelt sich erneut die Gruppe. „Alles, was hinter mir ist, stand nicht mehr“, verdeutlicht Wiedmann. An den Resten der östlichen Stadtmauer entlang geht die Führung weiter. „Hier sind wir als Kinder Schlitten gefahren“, sagt Barbara Watzl. Sie ist in dem Haus an der Kirchstaffel geboren. Jetzt will sie erfahren, ob das Haus damals 1707 abgebrannt war. Immer wieder kommen die Teilnehmer ins Gespräch und fragen nach Einzelheiten. Etwa nach dem Feuertor an der Nordseite bei der Johanneskirche. „Dieser Fluchtweg wurde nach dem Brand von Herzog Eugen angeordnet“, erklärt Kort.
Die Ausstellung zum Stadtbrand 1707 und zur Stadtentwicklung mit Leihgaben aus dem Feuerwehrmuseum Schwäbisch Hall ist dienstags, mittwochs, donnerstags und sonntags von 14 bis 17 Uhr bis 30. September zu sehen.
Bild: Hier verlief 1707 die östliche Stadtmauer, erläutert Manfred Wiedmann. Das Interesse an der Führung zum Brand vor 300 Jahren war groß. (Foto: Margit Stöhr-Michalsky)