Christine Graf ist nicht aus Zucker. "Die Hosenbeine so übereinanderlegen, dass eine Falte entsteht", weist sie die Jungs von der Jugendfeuerwehr an, die in Unterhose vor ihr stehen. Heute gibt es neue Dienstkleidung. Die muss nicht nur passen, sondern auch ordentlich zusammengelegt werden. Die jungen Männer scherzen, spuren aber. "Als Frau darf man in diesem Metier nicht zimperlich sein", sagt sie. "Viele glauben immer noch, die Arbeit sei eine reine Männerdomäne, aber das stimmt nicht."
Begeisterung Graf ist seit 2003 neben ihrer Arbeit in der Bad Wimpfener Stadtverwaltung bei der Freiwilligen Feuerwehr in Möckmühl aktiv. Die Begeisterung für die Arbeit mit Helm und Wasserschlauch war schon vorhanden, als sie noch ein kleines Mädchen war. Dann stieg ihr Bruder bei der Löschtruppe ein. Das war der Moment, als der damals 21-Jährigen klar wurde: Das will ich auch. Sie überzeugte ihre Schwägerin von der guten Sache und beide meldeten sich bei Kommandant Uwe Thoma.
Zu dieser Zeit gab es schon zwei andere Feuerwehrfrauen in dessen Truppe, mittlerweile sind es neun. Dazu kommen zwölf Mädchen in der Jugendabteilung. "Wenn man bedenkt, dass es in den 90er Jahren gar keine gab, sind das schon viele", sagt er. "Aber wir würden uns freuen, wenn es noch mehr werden." Dem steht eigentlich nichts im Wege. Eigene Räume für die Frauen gibt es schon - in die Männerdusche wird nach dem Einsatz niemand geschickt. Ein eigener Umkleideraum ist ebenfalls vorhanden. Aber auch hier ist Graf keine Mimose. "Bei einem Einsatz hat man keine Zeit nach links und rechts zu schauen", erklärt sie. "Da ist mir egal, wo ich mich umziehe."
Von den Feuerwehrmännern um sie herum ist sie positiv aufgenommen worden. "Da hat keiner gemault, dass er sich von einer Frau nichts sagen lässt." Bei so viel Einsatz verwundert es nicht, dass Graf mittlerweile zur Gruppenführerin ernannt wurde. "Für diesen Job schlage ich nicht jeden vor", sagt Thoma. "Aber ich war davon überzeugt, dass sie eine Mannschaft im Einsatz dirigieren kann und Köpfchen hat." Das braucht man auch, immerhin ist vorher ein zweiwöchiger Lehrgang zu absolvieren, der neben praktischem auch theoretisches Wissen rund ums Feuerwehrdasein umfasst.
Todesopfer Wer heute in einem der Einsatzwagen mitfährt, muss kein Herkules sein. Viele Geräte wie etwa die lange Leiter können per Joystick oder Touchscreen bedient werden. Das ist auch für Frauen machbar. Und in einem Punkt sind sie den meisten Männern sowieso voraus: dem Einfühlungsvermögen. "Leider gibt es manchmal auch Einsätze mit Todesopfern", erzählt Graf. Dann kommen gerade die Jüngeren oft auf mich zu und haben Redebedarf. Vor einem Mann würden sie ihre Gefühle nicht so offen zeigen." Dann geht ihr Pieper los. Ein neuer Einsatz für die Powerfrau.
Bild: Keine Arbeit für Zimperliesen: Christine Graf erklärt den frisch eingekleideten Jungs von der Jugendabteilung den Arbeitsplan (Foto: Ulrike Kugler)