„Ihr könnt ruhig ein bisschen jammern“, sagt Michael Schepperle zu Robin Dorsch und Jonas Eisinger, damit sie auf sich aufmerksam machen und schneller gerettet werden. Der frühere Gesamtkommandant der Obersulmer Feuerwehr bereitet die beiden Mitglieder der Jugendabteilung auf ihren „Einsatz“ vor. Sie mimen Verletzte bei der Hauptübung aller fünf Abteilungen der Gemeinde am Dienstagabend bei Würth Orsy mobil im Gewerbegebiet Dimbacher Straße in Willsbach. Für Jonas (12) ist es eine Premiere. „Geht“, antwortet er knapp auf die Frage, ob er denn aufgeregt sei.
„Einer ist am Fuß verletzt, der andere hat eine Platzwunde am Kopf“, beschreibt Hauptbrandmeister Schepperle zwei Firmenbeschäftigten deren Rollen. Sie sollen sich ebenfalls im Lager verstecken. Auf dem Dach sind bereits zwei Puppen platziert − sie stehen für die Dachdecker, bei deren Arbeiten sich eine Gasflasche entzündet hat. Das Feuer schlägt auf das Gebäudeinnere durch − so sieht es das Drehbuch vor. „Den Handdruckmelder in zwei Minuten drücken“, weist Schepperle einen der Orsy-Beschäftigten an.
Alarmierung Dieses auf- und abschwellende Jaulen ist um 19.37 Uhr das Startsignal für Christian Gruber im Einsatzleitwagen, über Funk zuerst die Abteilung Obersulm zu alarmieren. Fünf Minuten später pinnt Matthias Maier die Fahrzeugkennungen der eintreffenden Einsatzwagen an das Flipchart, fertigt die Lageskizze, notiert die gefährdeten Personen, hält fest, wo sich die einzelnen Trupps befinden.
„Wichtig ist, dass wir uns selber auf den Prüfstand stellen. Nicht nur eine gute Übung abliefern, sondern auch die Fehler sehen“, sagt Maier. Für den Außenstehenden scheint es gar nicht so einfach, fünf Abteilungen mit rund 80 ausgerückten Einsatzkräften zu koordinieren. „Jeder Einsatz hat eine Chaosphase bis alles geordnet abläuft“, erklärt Schepperle. Ziel sei es, diese so kurz wie möglich zu halten. Ideal seien fünf Minuten. „Für die Darstellung der Lage brauchen wir mehr Personal, damit die Einsatzkräfte wissen, was sie erwartet“, lautet seine Erkenntnis in der Manöverkritik rund eine Stunde später.
Bei dieser Hauptübung unter Einsatzleiter Hardy Hilkert fehlen einige Elemente eines realitätsnahen Szenarios, weshalb mehr Erläuterungen notwendig sind. Um die Ware im Lager zu schützen, wird auf die Nebelmaschine für die Raucherzeugung verzichtet. Ebenso fließt kein Wasser. Die Schläuche werden mit Pressluft gefüllt. Apropos Schläuche. Die Abteilung Weiler baut vom Bahnhof durch die Unterführung eine etwa 180 Meter lange zweite Wasserversorgung auf.
Einsatzkräfte beim Innenangriff testen die neuen Langzeitatemschutzgeräte. Deutlich schwerer als die normale Ausrüstung, haben diese mit bis zu 50 Minuten eine längere Einsatzzeit. Für Feuer in Tiefgaragen sind sie angeschafft worden.
Die Eichelberger erhalten die Gelegenheit, mit Schere und Spreizer zu trainieren. Denn ein durch den „Brand“ abgelenkter Autofahrer ist verunglückt. Die Puppe muss aus dem umgekippten Wagen „heraus geschnitten“ werden. Der „Verletzte“ wird ebenso wie die zwei Puppen, die mit der Drehleiter vom Bahnhofsfußweg aus vom Dach gerettet werden, dem DRK übergeben.
Erstversorgung Jeweils sechs Rotkreuzler der Ortsgruppen Obersulm und Wüstenrot kümmern sich um die Geretteten, beurteilen die Schwere der Verletzungen, nehmen die Erst- und dann die Grundversorgung vor, organisieren zum Beispiel ein Verbrennungsbett in einer Spezialklinik und den Hubschraubertransport. Dirk Geier steckt Robin Dorschs Hände in Papiertüten, das soll den sterilen Wundverband wegen der Verbrennungen andeuten. „Es war schon ein bisschen komisch, wackelig“, erzählt Jonas Eisinger, als er von den Feuerwehrleuten auf der Trage aus dem Lager transportiert worden ist.
Gerhard Schenk ist am Ende zufrieden: „Aus meiner Sicht gut“, beschreibt der neue Gesamtkommandant der Feuerwehr den Ablauf der Hauptübung.