Wenn es um die Pläne fürs neue Feuerwehrhaus geht, wird es brenzlig in Leingarten. Feuerwehr und Gemeinderat sind sich uneins. Kommandant Rouven Leibbrand im Interview.
Erst die unglückliche Standortdiskussion und jetzt der Beschluss für die Auslobung des Architektenwettbewerbs mit kurzfristig weiteren Flächenkürzungen: Wenn es um die Pläne fürs neue Feuerwehrhaus geht, wird es brenzlig in Leingarten. Das Verhältnis zwischen Verwaltung und Gemeinderat auf der einen und Feuerwehr auf der anderen Seite ist − gelinde gesagt − getrübt. Unsere Zeitung sprach mit Kommandant Rouven Leibbrand über die aktuelle Situation und darüber, wie es weitergehen kann.
Herr Leibbrand, wie viele schlaflose Nächte hat Sie das Thema Feuerwehrhaus schon gekostet?
Rouven Leibbrand: Das letzte Jahr war feuerwehrtechnisch für mich extrem anstrengend. Vom Erstellen des Feuerwehrbedarfsplans bis hin zu vielen Gesprächen habe ich viel Herzblut investiert. Dann kam die Standortdiskussion. Und das alles zusätzlich im Ehrenamt zu meinem Vollzeitjob bei Bosch. Irgendwann habe ich meine Emotionen rausgenommen. Ich habe mir abgewöhnt, wegen der Feuerwehr schlaflose Nächte zu haben.
Im Herbst hat der Gemeinderat für den Neubau an der L1105 am Nordheimer Kreisel gestimmt. Von sieben untersuchten Standorten standen nur noch dieser und der Bikepark zur Wahl. Warum haben Sie sich für keinen der beiden ausgesprochen?
Leibbrand: Wir waren schon immer für unseren aktuellen Standort Südstraße. Nur hier und beim Kulturzentrum hätte ein Neubau bezüglich der Eintreffzeiten am Einsatzort und der Wohnorte der Kameraden Sinn gemacht. Das und den von uns zuvor selbst ausgearbeiteten Feuerwehrbedarfsplan hat der von der Verwaltung hinzugezogene Experte Sebastian Fischer übrigens 1:1 bestätigt. Wenn es Probleme gibt, soll später niemand sagen können, die Feuerwehr wäre für den jetzt gewählten Standort gewesen.
Leingarten ist eine beliebte Wohngemeinde. Was, wenn neue Baugebiete dazukommen?
Leibbrand: Auch in der Südstraße sind wir schon jetzt an der Grenze der Eintreffzeit, was Schluchtern angeht. Mit einem Feuerwehrhaus am Nordheimer Kreisel wird sich das nicht verbessern. Ich hoffe nicht, dass die Frage nach einem zweiten Feuerwehrstandort aufkommt, wenn Leingarten weiter Richtung Westen wächst.
Es ist schwer nachvollziehbar, dass der Gemeinderat die Argumente der Feuerwehr so übergeht.
Leibbrand: Wir hätten uns gewünscht, in einem Arbeitskreis aus Feuerwehr, Verwaltung und Vertretern der Fraktionen alle Möglichkeiten zu beleuchten. Stattdessen wurde der Standort einer sicherheitskritischen Infrastruktur in drei Ratssitzungen entschieden.
Bei der aktuellen Debatte um den Flächenbedarf gab es solche Treffen?
Leibbrand: Der Bauausschuss der Feuerwehr hat sich zwischen Weihnachten und Neujahr zusammengesetzt, andere Feuerwehrneubauten besichtigt und versucht, in der Planung das Optimale für die nächsten 30 bis 50 Jahre auszuarbeiten. Das Ergebnis war ein anderes als das vom Büro Riemer, das bei seiner Standortanalyse mit Flächen des von ihm gebauten Feuerwehrhauses Ellbachtal in Ellhofen geplant hatte. Auch die Kosten werden höher sein. Im Februar haben wir mit Verwaltung und Fraktionsvertretern Punkt für Punkt der Leistungsbeschreibung für den Architektenwettbewerb erarbeitet und einen Kompromiss gefunden, mit dem wir leben könnten. Auch wenn wir aus meiner Sicht schon wieder zu stückwerken anfangen.
Der CDU-Antrag in der April-Sitzung auf weitere Flächenreduzierung, der im Gremium eine knappe Mehrheit fand, kam überraschend?
Leibbrand: Wir hatten ja schon viel gestrichen. Jetzt sieht es so aus, dass im Neubau zum Beispiel die Lagerfläche nur noch 320 Quadratmeter groß ist plus Hochregallager, in dem nur selten gebrauchtes Material gelagert werden kann. Aktuell haben wir auch 320 Quadratmeter. Insgesamt hätte ich mir mehr Weitsicht gewünscht. Und wer weiß, wenn die Kosten weiter steigen, was dann noch gestrichen wird.
Haben Sie im vergangenen Jahr mal daran gedacht, alles hinzuwerfen?
Leibbrand: Wenn ich gewusst hätte, was auf mich zukommt, hätte ich meine zweite Amtsperiode 2018 nie angetreten. Mein persönlicher Plan ist es, die großen Projekte noch durchzuziehen und das Beste für die Feuerwehr und die Kameraden rauszuholen. Auf Dauer muss aber ein neuer Mann/eine neue Frau, der oder die der Verwaltung und dem Gemeinderat unvoreingenommen begegnet, die Führung übernehmen. Ehrenamt lebt von Enthusiasmus. Mein Enthusiasmus für die Feuerwehr ist verloren gegangen.
Und wie fühlen sich ihre Leute?
Leibbrand: Wenn man mit solchen Themen unnötig Energie verbrennt, geht das auch an den Kameraden nicht spurlos vorüber. Es ist eben etwas anderes, wenn man weiß, man hat 100 Prozent Rückhalt. Ein Stück weit macht sich Demotivation breit, aber wir werden deshalb nicht schlechter.
Zur Person
Rouven Leibbrand ist verheiratet und hat ein Kind. Seit 2013 leitet er die Freiwillige Feuerwehr Leingarten, zuvor war er bereits fünf Jahre lang stellvertretender Kommandant. 2018 wurde er für eine zweite Amtsperiode gewählt. Der 36-Jährige arbeitet als Projektleiter Steuergeräte-Softwareentwicklung bei der Firma Bosch in Abstatt. Die Leingartener Wehr hat derzeit 69 Einsatzkräfte und 15 Jugendliche . Von einem neuen Feuerwehrhaus erhofft sich Leibbrand mehr Zulauf: „Wir sind in puncto Mitgliederwerbung momentan sehr defensiv unterwegs. Dies liegt an den aktuellen Themen Feuerwehrhaus/Fahrzeugbeschaffungen und auch am Platzmangel am aktuellen Standort. Wir werden dieses Thema künftig forcieren.“ Auch eine Kinderfeuerwehr ist geplant.