Die Reaktionen waren eindeutig: "Das kennt man ja", "das überrascht mich nicht", war am Donnerstag nach der Festnahme eines 21-Jährigen in Untergriesheim zu hören. Ein Feuerwehrmann aus dem Ort soll ein Brandstifter sein. Das sorgt für Gesprächsstoff − und in den Chefetagen der Brandbekämpfer für Unruhe.
Reinhold Gall, Chef des Kreisfeuerwehrverbandes, kennt solche Meinungen. "Es ärgert sich niemand mehr über so einen Fall als wir Feuerwehren selbst", sagte er am Freitag. Gall bittet die Bürger um ein "Höchstmaß an Fairness" gegenüber den mehr als 4000 aktiven ehrenamtlichen Feuerwehrkräften im Stadt- und Landkreis Heilbronn. "Es ist ein Einzelfall."
Als zuverlässigen, fleißigen und engagierten Menschen habe der Kommandant den 21-jährigen Tatverdächtigen beschrieben. "Wir hätten ein Riesenproblem, wenn wir jedem mit Misstrauen begegnen", sagt Gall. In der Ausbildung weise man auf eine Strafverschärfung bei Brandstiftung für Feuerwehrleute hin. Gleichwohl will der Verbandsvorsitzende den Fall zum Anlass nehmen, das Thema über die Ausbilder "allen vor Augen zu führen".
Kreisbrandmeister Uwe Vogel unterstützt den Vorschlag. Man könne zeigen, dass derartige Taten sehr häufig aufgeklärt werden und hohe Strafen nach sich ziehen. Man dürfe die Feuerwehr aber "nicht vorverurteilen". Für die Einsatzkräfte stehe die Hilfe für Menschen in Not im Mittelpunkt. Und dabei "begeben wir uns auch in Lebensgefahr".
Feuerwehrleute und Brandstiftung − wie verbreitet ist dies? Statistische Daten gibt es nicht, ist im Feuerwehrreferat des Stuttgarter Innenministeriums zu erfahren. Doch auch Referatsleiter Rolf Schmid sagt: "Es sind Einzelfälle, manchmal landesweit zwei bis drei im Jahr." Die Zahl der Brandstiftungen pendelte in den vergangenen drei Jahren jeweils um die 2000 Fälle. Das heißt: Feuerwehrmänner machen demnach bei Brandstiftern einen Anteil im Promillebereich aus. Rund 110 000 Feuerwehrleute gibt es in Baden-Württemberg.
"Fürs Image der Feuerwehr ist solch eine Nachricht brutal", sagt Heilbronns Feuerwehrchef Eberhard Jochim. Weil alle über einen Kamm geschert würden. Er hat in 31 Jahren Dienstzeit noch keine Brandstiftung in den eigenen Reihen erlebt. Jochim nennt eine solche Tat verwerflich. Weil jeder Feuerwehrmann erlebe, "welches Leid ein Feuer über Menschen bringen kann".
Unterdessen hat der verhaftete 21-Jährige noch kein schlüssiges Motiv für die Brandserie genannt. Der 26-Jährige, der als erster Tatverdächtiger für einen Gartenhausbrand und für weitere Brände der Serie in Haft saß, kam nach rund vier Monaten wieder in Freiheit. Es gab triftige Verdachtsmomente, ihn zunächst im Gefängnis zu behalten, stellt Amtsgerichtssprecher Ulf Hiestermann fest. Man habe aufgebrauchte Grillanzünder bei ihm gefunden, Alibi-Angaben hätten zum Teil widerlegt werden können. Nach Zeugenangaben sei er in Tatortnähe gesehen worden, beschriebene Kleidung habe mit seiner übereingestimmt.
Als nach drei Monaten Pause ein weiterer Brand passierte, sei das Indiz des Endes der Serie weggefallen. Am 3. Mai wurde der Haftbefehl aufgehoben − noch vor dem Brand, der auf die Spur des Feuerwehrmitglieds führte. Hiestermann: "Bei Untersuchungshaft gucken wir genau, ob die Voraussetzungen vorliegen."
Wenn Feuerwehrangehörige zum Brandstifter werden, ist das Medienecho immer groß. Für die Region Heilbronn-Franken listet das Archiv der Heilbronner Stimme drei Fälle in den vergangenen 30 Jahren auf. Im Februar 2008 wurde ein 39-jähriger Feuerwehrmann aus Waldenburg (Hohenlohekreis) zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, weil er auf einer Landesstraße einen Mercedes Sprinter angezündet hatte. Der Mann hatte Elektronikartikel gehandelt und Geld für Ware kassiert, die er nicht liefern konnte. Mit dem Brand wollte er vortäuschen, die Ware sei verkohlt.
Im August 2003 wurde in Mosbach ein 19-jähriger Feuerwehrmann gefasst, der zehn Brandstiftungen zugab (Scheune, Strohballen). In die 80er Jahre reicht ein Fall zurück, als ein Feuerwehrmann in Weinsberg und Umgebung Scheunen anzündete.