In der Löwensteiner Innenstadt brannten am vergangenen Sonntag vier Häuser. Schaden in Millionenhöhe entstand. Im Gespräch mit Reto Bosch analysiert Kreisbrandmeister Uwe Vogel den Großeinsatz von acht Wehren und mehr als 200 Feuerwehrleuten.
Herr Vogel, haben Sie einen Einsatz wie am vergangenen Sonntag schon einmal erlebt?
Uwe Vogel: In meiner inzwischen fünfjährigen Amtszeit als Kreisbrandmeister hatten wir keinen Einsatz dieser Dimension. Auch landesweit kommen solche Brände sehr selten vor.Waren Sie mit dem Einsatzverlauf am Sonntag zufrieden?
Vogel: Der Einsatz war sehr aufwendig und komplex. Wenn man die schwierigen Rahmenbedingungen betrachtet, war ich sehr zufrieden.
Wurde rechtzeitig nachgemeldet? Hätte die Heilbronner Feuerwehr nicht früher mit weiteren wasserführenden Fahrzeugen angefordert werden müssen?
Vogel: Als der Bedarf erkennbar war, wurden die Heilbronner − wie alle anderen auch − sehr schnell nachalarmiert. Ich kann keine Versäumnisse erkennen. Die Verantwortlichen erkannten die Schwere der Gefahrenlage sofort. Es entstand auch sehr schnell eine Führungsstruktur. Dass Löschwasserbedarf bestand, wurde ebenfalls erkannt und der entsprechende Automatismus ausgelöst.
Warum konnten die Flammen nicht daran gehindert werden, auf insgesamt vier Gebäude überzugreifen?
Vogel: Fotos von einem frühen Stadium des Brandes beweisen, dass sich der Brand rasend schnell ausgebreitet hatte. Es blieb kaum Zeit zu reagieren. Dazu kommen ungünstige Rahmenbedingungen. Die Häuser sind teilweise aneinandergebaut, in dem Gebäude, wo das Feuer ausbrach, lagerten viele Kunststoffrohre mit hoher Brandlast. Eine offene Holztreppe ebnete dem Feuer sehr schnell den Weg ins Dachgeschoss. In einem derart alten Gebäudebestand fehlen auch die Brandabschnittstrennungen wie sie heute vorgeschrieben sind.
Gab es rechtzeitig Innenangriffe, um die Ausbreitung zu stoppen?
Vogel: Die Atemschutzträger waren in der Anfangsphase in ausreichender Zahl im Einsatz. Schwierigkeiten bereitete die enorme Hitzeentwicklung in den Gebäuden, zum Teil mussten sich die Atemschutzträger wieder zurückziehen.
Welche Lehren ziehen Sie aus dem Großbrand?
Vogel: Wir werden den Einsatz gründlich nacharbeiten und jedes Verbesserungspotenzial nutzen. Wir wollen das so schnell wie möglich tun.
Am Sonntag stand zu wenig Wasser zur Verfügung. Nicht wegen leerer Hochbehälter, sondern weil das Leitungsnetz überlastet war. Ein verbreitetes Problem?
Vogel: Ja. Das kann in allen Kommunen passieren. Die gesetzlichen Vorgaben an ein Leitungsnetz, die die Städte und Gemeinden erfüllen müssen, sind nicht allzu hoch. Diese Vorschriften erfüllt Löwenstein bei weitem. Ein Brand dieser Dimension verursacht aber einen viel höheren Bedarf.
Die Feuerwehrleute arbeiteten bis zur Erschöpfung. Wie groß ist das Risiko ?
Vogel: Das Risiko ist enorm. Bei solchen Bränden sind auch schon Feuerwehrleute ums Leben gekommen. Bei Innenangriffen müssen die Aktiven tief ins Gebäude eindringen.Das früh von den Flammen betroffene Eckgebäude war großflächig mit Photovoltaikmodulen bestückt. Welche Folgen hatte dies für die Arbeit der Feuerwehren?
Vogel: Es gibt drei Problempunkte. Die Dachhaut ist schwer zu öffnen, was den Löschangriff von der Drehleiter aus erschwert. Die Module können nach unten rutschen, wenn die Halterungen beschädigt werden. Und: Solarzellen kann man nicht abschalten, sie produzieren ständig Strom und gefährden so die Einsatzkräfte.
Kommandanten stützen Vogel
Die Feuerwehrkommandanten im Landkreis unterstützen Kreisbrandmeister Uwe Vogel, dessen erste, fünfjährige Amtszeit ausläuft. Das sagte Reinhold Gall, Vorsitzender des Kreisfeuerwehrverbands. In nichtöffentlicher Sitzung habe sich eine breite Mehrheit für den 53-Jährigen ausgesprochen. „Die Kommandanten sind mit der Arbeit zufrieden“, erklärt Gall. Es sei keine fachliche Kritik an Vogel laut geworden. Sorgen bestünden, ob der Kreisbrandmeister zeitlich überfordert ist. Für diesen Fall gebe es vom Landrat die Zusage, Organisationsstrukturen zu verändern. Gall geht davon aus, dass Vogel dem Kreistag für eine zweite Amtsperiode vorgeschlagen wird.
Berufsfeuerwehr zu alarmieren ist keine Pflicht„Es gibt keine Vorschriften oder Alarmpläne, dass man bei einem bestimmten Brand eine Berufsfeuerwehr hinzuziehen muss.“ Dies sagte Landesbranddirektor Hermann Schröder auf Stimme-Nachfrage. In manchen Gegenden gebe es gar keine Berufsfeuerwehr oder sie habe lange Anfahrtswege. Der zuständige Gemeindekommandant oder der Kreisbrandmeister entscheiden über die weitere Alarmierung. Die Freiwilligen Feuerwehren „müssen eine gleiche Leistungsfähigkeit wie eine Berufsfeuerwehr haben“, sagt Schröder. Und dies sei „gegeben“.Schröder bestätigt, dass ein lokales Wassernetz bei einem Großbrand an seine Grenzen stoße. Nach den Vorschriften sei die Löschwasserversorgung über Hydranten für einen normalen Löscheinsatz ausgelegt. Ein Durchfluss von 800 bis 1200 Liter Wasser pro Minute sei die Norm. Bei einem Großbrand „ist das wenig“, so Schröder. Dass man dann Wasser über weitere Entfernungen zum Brandort transportieren müsse, „ist normal“.
Egal ob eine Gemeinde eine fremde Freiwillige Wehr oder eine Berufsfeuerwehr alarmiert, die Kosten sind gleich. Berechnet werden 20 Euro pro Einsatzkraft und Stunde. Geht der Einsatz über drei Stunden, kann zusätzlich eine Stunde pro Kopf für die Wiederherstellung der Ausrüstung berechnet werden. Rund 200 Feuerwehrkräfte waren am Sonntag in Löwenstein im Einsatz.