Das ist unser Schmuckstück“, sagt Isolde Döbele-Carlesso. Die Stadtarchivarin hat Recht. Die alte Botenheimer Handdruckspritze ist ein tolles Teil und wird von jedem Besucher der Brackenheimer Feuerwehrausstellung entsprechend bestaunt. Dass das historische Gerät, mit dem die Botenheimer Floriansjünger noch bis 1971 gearbeitet haben, nicht ganz so alt ist, wie ursprünglich angenommen, wird daran nichts ändern.
Anschaffung Ein Rechnungsbeleg über den Kauf einer Feuerspritze ließ Isolde Döbele-Carlesso bis zur vorigen Woche davon ausgehen, dass die Entwicklung der Firma Heinrich Kurtz, Stuttgart, im Jahr 1843 angeschafft wurde. Bis Joachim Haase dem Stadtarchiv einen Besuch abstattete. Der Leiter des Arbeitskreises Feuerwehrgeschichte des Stadtfeuerwehrverbands Stuttgart erkannte sofort: „1843, das kann nicht sein.“ Erst 1857 hatte Heinrich Kurtz das königliche Patent für seine Saugspritze bekommen. Und die Botenheimer Variante, mit dem hölzernen Wasserkasten, war sogar erst nach 1868 auf dem Markt.
1873, da legte sich Haase fest, wurde dieses Gerät gebaut. Wann es die Gemeinde Botenheim dann aber tatsächlich gekauft hat, ist wieder eine andere Frage. Immerhin war die Vorgängerspritze - siehe Rechnung - erst 30 Jahre alt.
Sei's drum: Die Patentsaugfeuerspritze, wie sie richtig heißt, war ein sehr brauchbares Gerät. Nicht nur wegen des Pumpwerks mit den beiden Messing-Zylindern. Dass sie sowohl einen Saugwind- wie auch einen Druckwindkessel besaß, machte sie besonders effektiv. „Die alten Geräte konnten nur stoßweise Wasser spritzen“, erklärt Joachim Haase. „Mit dieser Technik aber stand der Schlauch erstmals dauernd unter Druck und lieferte kontinuierlich Wasser.“ Bis zu 350 Liter in der Minute.
Pumpenholm Freilich nur unter der Voraussetzung, dass je sechs Feuerwehrleute auf beiden Seiten kräftig pumpten. Und das war ein sehr, sehr anstrengender Job. Das weiß niemand besser als Ewald Stengel (68), Herbert Kiefer (59), Karl Schöneck (58) und Eberhard Frank (54). Die vier Mitglieder der Botenheimer Altersabteilung haben mit der Spritze noch gelöscht. „Das war Knochenarbeit“, sagt Kiefer. Wer am Pumpenholm stand, dem hing nach fünf Minuten die Zunge heraus. „Dann musste er ausgetauscht werden“, betont Stengel. Umso wichtiger, dass der Kommandant berechtigt war, jeden Mitbürger zum Pumpen zu verpflichten.
Dass Pferde die Spritze zogen, „das gab's nur bei Schauübungen“, so Schöneck. Bei Einsätzen packten die Botenheimer Floriansjünger lieber selbst an. „Wir haben im Ort keine Steigungen, und die Spritze ist leicht gelaufen.“
Gebrannt hat es nur ein, zwei Mal im Jahr. Aber geübt wurde regelmäßig am Sonntagmorgen, Punkt 8 Uhr, vor dem Kirchgang. „Zu den Übungen haben die Horniste geblasen“, sagt Stengel. „Da hatten wir zwei, die waren im Posaunenchor.“
Kleidung Die Einsatzkleidung - Schnürstiefel, Manchesterhose, Schildkappe - mussten die Feuerwehrmänner selbst kaufen, nur der braune „Kaiser-Wilhelm-Kittel“ wurde gestellt. Von den Uniformen moderner Prägung waren die Botenheimer in ihrem Erscheinungsbild jedenfalls weit entfernt. Ewald Stengel erinnert sich gut, wie bei einer Übung am Herrenwiesenbach ein Auto mit Stuttgarter Kennzeichen anhielt. „Die Leute haben gemeint, das sei eine historische Übung“, lacht Stengel. „Als wir gesagt haben: Nein, wir sind eine aktive Feuerwehr, wollten die das gar nicht glauben.“
Die Ausstellung zum 150-jährigen Bestehen der Brackenheimer Feuerwehr ist das ganze Jahr über im Stadtarchiv zu sehen. Besichtigungstermine können unter Telefon 07135/934873 oder über archiv.brackenheimbrackenheim.de vereinbart werden.
Bild: Bis 1971 haben sie mit dem Gerät noch gearbeitet: (von links) Eberhard Frank, Herbert Kiefer, Ewald Stengel und Karl Schöneck.Foto: Thomas Braun