Um möglichst gut auf den Krisenfall vorbereitet zu sein, setzt der Landkreis Heilbronn auf einheitliche Konzepte und Kooperationen in der Region. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema Bevölkerungsschutz.
Auch wenn es der Begriff suggeriert: „Katastrophenschutz heißt nicht, dass wir vor Katastrophen schützen“, fasst Marc Hoffmann zusammen. „Wir können nur besser reagieren, je besser wir aufgestellt sind.“ Um das zu erreichen, da sind sich der Leiter des Amts für Sicherheit und Ordnung des Landkreises Heilbronn und Kreisbrandmeister Bernd Halter einig, muss sowohl monetär als auch personell weiter investiert werden. Dafür wurden in den vergangenen Monaten vor allem Strukturen durchleuchtet und eine Risikoanalyse erstellt. Immer mit im Boot: die 46 Städte und Gemeinden im Landkreis Heilbronn.
Hat der Landkreis Heilbronn erst durch das Unglück im Ahrtal den Blick auf den Bevölkerungsschutz verstärkt?
Anfragen habe es nach der Katastrophe aus dem Kreistag gegeben, sagt Marc Hoffmann. Daraufhin sei ein Sachstandsbericht erstellt und dargelegt worden, wie der Kreis aufgestellt ist und wo es Verbesserungsbedarf gibt. „Wir hatten uns aber schon im Vorfeld mit verschiedenen Themen beschäftigt und konnten deshalb recht zügig ein Schlaglicht geben“, sagt Hoffmann.
Was heißt das im Detail?
Es wurden verschiedene Maßnahmenpakete erstellt, aus denen hervorgeht, wo noch Potenzial ist. Dazu gehört auch die Führungsorganisation, die sich in einen technischen und einen Verwaltungsteil gliedert. „Der Chef ist der Landrat“, so Hoffmann. Als klares Ergebnis habe sich herausgestellt, dass durch eine Überlappung der Zuständigkeiten eine deutliche Verbesserung erzielt werden kann. Seit zwei Jahren wird bereits die engere Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und technischem Stab vorangetrieben. Außerdem wurde ein weiterer stellvertretender Kreisbrandmeister eingesetzt. Das sei eine deutliche Verbesserung, so Hoffmann.
Wird auch bei der Ausstattung nachgerüstet?
Laut Marc Hoffmann ist dieses Thema nicht nur groß, sondern auch ein Millionenprojekt. Und auch dort soll künftig nicht länger nur ein Bereich betrachtet, sondern übergreifend agiert werden. Moderne Fahrzeuge gibt es also nicht nur für die Feuerwehr, sondern auch für Hilfsorganisationen. In der Risikoanalyse stellte sich heraus, dass man in gefährlichen Situationen schnell an die Grenze der Leistungsfähigkeit kommt.
Die Kommunen für sich seien zwar gut vorbereitet. „Aber bei einer witterungsbedingten Gefahrenlage gibt es übergreifend keine freien Ressourcen“, sagt Marc Hoffmann. Ein Baustein ist die Bildung einer Großschadensergänzungseinheit. Zwei Feuerwehren betreiben diese Einheit gemeinsam, alle fünf im Kreis sind identisch aufgestellt.
Was tut sich im Bereich Ausbildung?
Die Kenntnisse im Zivil- und Bevölkerungsschutz werden zentral gesteuert. Seit zehn Jahren wird das Modell laut Bernd Halter bereits angewendet: „Die Feuerwehrmänner und -frauen kommen am Wochenende zusammen.“ In Zukunft soll das Thema intensiviert werden, zum Beispiel durch ein Übungs- und Ausbildungsgelände. Dafür wird gerade ein Konzept erstellt, auch eine Kooperation mit anderen Landkreisen sei denkbar, sagt Bernd Halter. „Aber wir stehen noch ganz am Anfang, müssen rechtliche Dinge klären und ein geeignetes Grundstück finden.“ Außerdem soll mehr Praxiszeit eingeführt werden.
Wie ist der Kreis auf einen Stromausfall vorbereitet?
Dafür wurde im vergangenen Jahr ein externes und auf dem Gebiet erfahrenes Fachunternehmen ins Boot geholt. Das Projekt könne so „in einem Guss“ verwirklicht werden. „Ein Flickenteppich wird damit vermieden“, erklärt Hoffmann. Die Analyse soll strukturiert laufen und aufzeigen, was bei einem Stromausfall im Landkreis und in den einzelnen Kommunen passiert. Die enge Zusammenarbeit mit den Städten und Gemeinden sei wichtig, so der Amtsleiter. Deshalb wurde ein Rahmenplan entworfen, der den Kommunen zur Verfügung steht - wenn sie das möchten. Das Konzept soll aufeinander abgestimmt sein und auch auf andere Themenbereiche angewendet werden können, zum Beispiel bei geologischen Gefahren.
Tut sich etwas beim Konzept für die Notfalltreffpunkte?
Auch dieses Thema hatten die Verantwortlichen direkt nach dem Hochwasser im Ahrtal aufgegriffen. Vorbild ist die Schweiz. Alle 46 Städte und Gemeinden im Landkreis haben eine Absichtserklärung abgegeben und wollen mitmachen. In Talheim wurde das Konzept bereits erprobt. „Die Übung war gut vorbereitet“, so Marc Hoffmann. Im Ernstfall gebe es allerdings nie eine 100 prozentige Lösung. Im ersten Halbjahr diesen Jahres soll alles zumindest im groben Zügen umgesetzt sein.
So steht es um die Erneuerung der Sirenen
In jüngster Zeit sind Sirenen wieder vermehrt als probates Warnmittel im Gespräch. Um die Städte und Gemeinden bei der Anschaffung moderner Anlagen zu unterstützen, wurde ein Sirenenförderprogramm aufgelegt. Im Landkreis Heilbronn ist die Förderquote mit am höchsten in Baden-Württemberg. Das liegt auch daran, dass es bereits vor dem Programm einen fertigen Plan gab. „Wir konnten direkt loslegen“, sagt Marc Hoffmann. Der Kreis hat für die Kommunen die Ausschreibungen übernommen. Weil es bei Einzelteilen Lieferprobleme gab, verzögerte sich die Herstellung. Die ist laut Hoffmann jetzt aber in vollem Gang.