Kreisfeuerwehrverband Heilbronn

Suchergebnis löschen

Kameraden beim Einsatz bremsen

von Simon Gajer, HSt

Die Führungskräfte der Feuerwehren aus dem Landkreis Heilbronn haben sich übers Wochenende in Bad Rappenau weitergebildet. Und dabei unter anderem erfahren, dass die Atemschutzgeräteträger viel mehr Pausen brauchen.

21 Minuten hatten die Feuerwehrmänner Zeit. Treppen hoch: ein Sofa im Wohnzimmer und eine Friteuse in der Küche löschen. Dann das Feuer auf einer Wendeltreppe ersticken, die Stufen runter in ein Bekleidungsgeschäft. Dort kümmerten sich die Aktiven um den brennenden Kleiderständer. Ein Einsatz im Dienst der Wissenschaft, denn Thorsten Finteis vom Universitätsklinikum Mannheim wollte die Stressbelastung von Atemschutzgeräteträgern bestimmen. Ergebnisse und Konsequenzen hat er in der Kurstadt vorgestellt.

Vor allem auf jüngere Kameraden müsse geachtet werden, lautet ein Ergebnis der Studie. Finteis untersuchte zwei Gruppen: eine mit 50 Personen und Durchschnittsalter 25 Jahre, eine zweite mit nur sieben Mitgliedern und dem Schnitt von 35 Jahren. Letztere sei jedoch für statistische Zwecke zu klein gewesen.

Das Herz der jüngeren Floriansjünger schlägt im Ernstfall schneller als das der älteren, und fast die ganze Einsatzzeit über hätten sie mit maximaler Herzfrequenz gearbeitet. Das sei gefährlich, warnt Finteis: „Da muss man rechnen, dass Kameraden im Feuer bleiben.“ Herzinfarkt. Wegen der „extremen Überbelastung“ ist für ihn deshalb wichtig: Die Einsatzkräfte müssen ausgebildet sein, im Notfall Wehrmänner wiederzubeleben.

Falls möglich, einen Defibrillator mitnehmen. Sorgen macht dem Wissenschaftler, dass die Löschkräfte ihre Belastung im Einsatz nicht abschätzen können. In der Untersuchung bot er den Männern an, die Übung sofort ein zweites Mal zu wiederholen. „Alle sagten ja.“ Sie seien so im Stress gewesen, dass sie die körpereigenen Warnsignale übersehen hätten.

Thorsten Finteis appelliert an die Führungskräfte, die die Einsätze leiten: „Da müssen Sie eingreifen.“ Und den Atemschutzgeräteträgern Zwangspausen verschreiben. Bis zu 60 Minuten Ruhe nach einem Einsatz, empfiehlt der Heilbronner Kreisbrandmeister Hans-Wilhelm Hansmann. „Es ist machbar“, sagt er, „man muss es nur organisieren.“

Für Finteis ist zudem die Fitness der Atemschutzgeräteträger wichtig. Vor allem die der jüngeren Aktiven. Seine Testpersonen seien nicht übergewichtig, aber trotzdem ausgelastet gewesen. „Sie müssen mehr Sport machen oder nicht in Einsatz gehen“, fordert er. „Die Älteren scheinen fitter zu sein.“ Ebenfalls wichtig ist Trinken. Im Test hätten die Männer ein halbes Kilogramm Gewicht durch Schwitzen verloren. Mineralwasser reiche, es müssten keine speziellen Getränke sein. Trinke ein Kamerad nichts, helfe der Satz: „Du musst trinken. “

Weiteres Seminarthema: die Schutzausrüstung. Heinz Weiß von der Unfallkasse Baden-Württemberg informiert über die Landesvorschrift, die die Einsatzkleidung bestimmt. Sie werde wohl fallen, dann gelte europäisches Recht. „Das heißt nicht, dass Sie die alte Kleidung wegschmeißen müssen“, sagt Weiß. Ebenfalls müssten die Lager nicht aufgefüllt werden. „Die Hersteller haben noch Kleidung.“Die Belastungsstudie ist zu finden unter www.lfs.baden-wuerttemberg.de

24.11.2003