Silvester, Geburtstage, Taufe, Ostern, der Hochzeitstag - kein Anlass ist heilig genug, dass er nicht einem Einsatz zum Opfer fallen könnte. Feuerwehrmann zu sein, ist für die drei Jochim-Brüder aus Neckarsulm Beruf und Berufung zugleich - aber auch eine große Belastung für Familie und Freundschaft. 270 Mal wurde die Neckarsulmer Feuerwehr in diesem Jahr alarmiert. Zu jeder Tages- und Nachtzeit schrillt der Alarm auch zuhause bei Hermann Jochim in Neckarsulm. Er ist dort hauptberuflich Chef der 220 Feuerwehrleute. „Mit den Jahren stellt man fest, dass die Freundschaften weniger werden, weil man sie nicht pflegen kann. Man wird folglich selbst immer seltener eingeladen.“
Jochim hat gewusst, was auf ihn zukommt. Schon sein Vater Willy war jahrzehntelang Kommandant in Neckarsulm. Er ist Begründer der ersten Jugendfeuerwehr in Bad-Württemberg. Selbst Urgroßvater August Jochim hatte schon in Degmarn mit dem Horn dafür zu sorgen, dass im Brandfall die Floriansjünger alarmiert wurden.
Den Jochims ist die Leidenschaft fürs Feuerwehrwesen also in die Wiege gelegt. Eberhard Jochim ist Kommandant der Heilbronner Feuerwehr mit 70 Hauptamtlichen und 330 Freiwilligen. Der dritte Bruder und älteste im Bunde ist Alfred Jochim. Auch er rückt immer mit aus, wenn's im Raum Neckarsulm einen Einsatz gibt.
Diese Leidenschaft teilen bereits die Jüngsten in der Familie. Mit Neffen und Cousins bringen's die Jochims aus Neckarsulm locker auf eine neunköpfige, schlagkräftige Löschgruppe.
Der Einsatz auf der Autobahn, im brennenden Haus oder in der hochexplosiven Chemiefabrik ist nicht ungefährlich. Alfred Jochim lag nach einem Unfall fast ein Jahr auf dem Krankenlager. Über zehn mal wurde Hermann Jochim bereits verletzt, zuletzt beim Hotelbrand in Bad Wimpfen. Dort hat er sich mitten im Feuer und Rauch die Halswirbel gestaucht. Keine Angst um den eigenen Sohn? „Wenn Tobias in vier Jahren mit 18 zu den Aktiven kommt, hat er eine so gute Ausbildung hinter sich, dass er die Gefahren kennt und sie einschätzen kann. Ein Risiko aber bleibt.“
Es sind nicht die roten Autos für die großen Buben, die zur Feuerwehr locken. „Die werden nicht für uns beschafft“, sagt der Neckarsulmer Kommandant. „Die sind zum Schutz jedes Einzelnen vorhanden.“ Es ist auch nicht der drängende Wunsch, ein Held sein zu wollen. „Rambos brauchen wir nicht“, sagt sein Bruder Eberhard. Feuerwehrmann sei man, um anderen zu helfen. „Über jedes gerettete Leben ist man sehr froh und stolz.“
Wenn seine Söhne Tom (12) und Tim (8) alt genug sind, will Eberhard Jochim ihnen die schrecklichen Bilder von Einsätzen zeigen. Bilder von haarigen Brandeinsätzen oder Fotos vom grausigen Ende einer rasanten Discofahrt. „Das hilft ihnen nicht nur zur Besonnenheit, wenn sie selbst den Führerschein machen. Das ist auch eine heilsame Schulung, bevor sie selbst in den gefährlichen Einsatz gehen.“
08.01.2004