Null weibliche Einsatzkräfte im Hauptjob – Es gibt wenige Bewerbungen – Aufnahmeprüfung ist der Knackpunkt
Die reine Nachricht löst erst einmal Kopfschütteln aus: Bei Polizei, Rettungsdienst, am Lkw-Steuer oder in Kfz-Werkstätten stehen Frauen heute mit beiden Beinen voll im Berufsleben. Bei der Berufsfeuerwehr der Stadt Heilbronn jedoch ist die Zahl der weiblichen Einsatzkräfte eine trostlose: Null. Es gibt hier unter 84 Mitarbeitern keine Feuerwehrfrau im Hauptjob, es gab sie noch nie – weil die wenigen Frauen, die sich bewarben, bei der Prüfung mit vielen körperlichen Übungen schlechter als die Männer abschnitten, die am Ende den Job erhielten.
Die Heilbronner Berufsfeuerwehr: ein reiner Männerclub? Mit die letzte Bastion männlicher Vorherrschaft auf dem Arbeitsmarkt?
Ganz knapp „Wir wären froh, wenn wir Frauen einstellen könnten“, gibt Kommandant Eberhard Jochim auf Anfrage zu verstehen. Es sei nicht gut, wenn nur ein Teil der Bevölkerung in der Wehr Dienst tue. Eine gute Mischung sei sinnvoll. Bei der letzten Einstellungsrunde seien unter 70 Bewerbern zwei Frauen gewesen. Die Anforderungen im Fitness-Test sind für alle gleich, egal welches Geschlecht ein Bewerber hat. Im Brandeinsatz in voller Montur mit einer Ausrüstung, die bis zu 45 Kilogramm wiegt, müssen die Chefs von jeder Feuerwehrkraft gute Leistungen verlangen. Hinter den besten Männern kommen Frauen kaum zum Zug. Den Test vereinfachen? „Er wurde schon verändert“, sagt Jochim. Die Deutsche Sporthochschule Köln hat inzwischen mit dem Städtetag ein Übungsprogramm erstellt (siehe Kasten), das geschlechtsneutral sein soll. Bei einigen Übungen wie dem Balancieren auf dem Schwebebalken seien Frauen im Vorteil, so Jochim. Heute müsse man schwere Puppen nicht mehr hochheben, sondern ziehen. Im Vorjahr sei eine Bewerberin „nur ganz knapp nicht dabei gewesen“, berichtet Feuerwehrsprecher Jürgen Vogt. „Wir hatten schon Frauen, die waren besser als Männer.“ Aber eben nicht besser als die besten männlichen Bewerber.
Ohne Vorbereitung kommt man beim Aufnahmetest nicht weit. Vogt empfiehlt, ein halbes Jahr vor dem Termin mit dem Training zu beginnen. Bei der Personenrettung, bei der eine 75 Kilo schwere Puppe an einem Gurt im Kreis gezogen werden muss, scheitern viele Bewerber. „Auch Männer“, betont Vogt.
Stolz: Mit großem Eifer ist Lena Wieland (27) bei der Freiwilligen Feuerwehr Böckingen dabei. Im Ehrenamt zwar. Beim Einsatz ist die Ausrüstung aber die gleiche wie bei der Berufsfeuerwehr. Lena Wieland kam von der Jugendfeuerwehr zu den Aktiven. Die Aufnahmeprüfung für die Berufsfeuerwehr würde sie sich „mit Vorbereitung“ zutrauen. Aber wechseln? Sie ist Sicherheitsingenieurin bei einem Energieversorger. Feuerwehr sei ihr Hobby, ein wichtiger Ausgleich zum Beruf. Bei Verkehrsunfällen, Wohnungsbränden, nach Sturm- oder Hochwasserschäden packt die Gruppenführerin mit an. Die Aufgabe macht der 27-Jährigen großen Spaß; die Technik findet sie spannend, man lerne auch viel fürs Leben. Nach einem erfolgreichen Einsatz fühlt sie sich „brotfertig, aber stolz“. 50 Kilo wiegt Wieland. Fast ihr ganzes Köpergewicht kommt bei einem Einsatz an Ausrüstung dazu. Man dürfe kein zartes Pflänzchen sein. Doch auch wenn nur wenige Frauen dabei sind: „Wir werden akzeptiert und respektiert.“ Das Klischee von einem Feierverein stimme nicht. Und: Es „guckt auch keiner“, wenn man sich vor einem Einsatz umzieht.
In die aktive Freiwillige Feuerwehr Böckingen gewechselt ist nun auch Jennifer Bentz (17). Ihr Vater ist Kommandant in Klingenberg, schon als Schülerin hat sie in der Jugendwehr angefangen. Als Exotin fühlt sie sich nicht. Immerhin drei Frauen sind in der Böckinger Wehr aktiv – neun sind es in den ganzen freiwilligen Wehren in der Stadt. Neun von 290 Aktiven (3,1 Prozent). Ein paar mehr Frauen bei der Wehr würden Lena Wieland und Jennifer Bentz in jedem Fall begrüßen. „Frauen sollten mehr Mut haben“, findet Lena Wieland. „Und es einfach mal ausprobieren.“
Ausnahme Wie viele Frauen bundesweit in Berufsfeuerwehren arbeiten? Bei einer Zählung im Jahr 2008 waren es 550. Von etwa 1000 geht Susanne Klatt vom Netzwerk Feuerwehrfrauen mit Sitz in Dortmund heute aus. Inzwischen hätten die meisten Berufswehren weibliche Kräfte. Null Frauen wie in Heilbronn sei eher die Ausnahme. Die Aufnahmeprüfung sei für alle schwer. Um Frauen zu fördern, rät Klatt, im sportlichen Teil nur zwischen bestanden und nicht bestanden zu unterscheiden. Zudem andere Tests und die Persönlichkeit zu bewerten. Es nütze ja nicht viel, wenn jemand „einige Meter schneller rennt – aber sonst nicht so richtig reinpasst“