Die Feuerwehr Heilbronn verzeichnet eine Zunahme an Einsätzen. „Die Verwundbarkeit der Städte und Gemeinden nimmt zu“, sagt der Heilbronner Kommandant Fabian Müller.
Blaulicht ist in Heilbronn an der Tagesordnung. Nehmen Feuerwehreinsätze zu?
Fabian Müller: Wir hatten 2024 tatsächlich mehr zu tun als im Jahr davor. Es waren 1890 Einsätze. Das lag auch am Unwetter Ende Juni mit rund 100 Einsätzen. Außerdem hatten wir Hochwasser. In Heilbronn hatten wir mit drei Hochwassereinsätzen zwar Glück, aber unser Führungsstab beobachtete drei Tage die Lage. Dazu unterstützten wir Kommunen im Landkreis mit unserer Sandsackfüllmaschine.
Was meinen Sie, warum die Stadt bei dem Hochwasser gut wegkam?
Müller: Die baulichen Maßnahmen in den vergangenen Jahren funktionieren. Das Amt für Straßenwesen schaut, wo kritische Punkte sind, wo ein Erdwall erhöht oder andere Vorkehrungen zu treffen sind. Das trägt dazu bei, dass an der einen oder anderen Stelle das Wasser nicht über die Ufer tritt.
Wer betroffen ist, hat mit den Folgen wie verschlammte Keller zu kämpfen.
Müller: Die Heftigkeit, die Intensität der Starkregenereignisse nimmt zu, aber natürlich auch die Verwundbarkeit der Städte und Gemeinden. Wo vor 100 Jahre ein Unwetter auf die grüne Wiese niederging, ist heute eine bebaute Siedlung. Die Infrastruktur ist anfällig.
Wie stellt sich die Feuerwehr auf Stürme ein?
Müller: Wir haben es insbesondere mit Winter- und Herbststürmen zu tun. Die lassen sich mit sehr hoher Treffsicherheit voraussagen. Genauso wie Frontengewitter. Sie entstehen linienförmig, wo eine Kalt- und eine Warmluftzone aufeinandertreffen. Anders verhält es sich mit typischen Hitzegewittern. Wo exakt eines entsteht, wie es weiterzieht, ob es sich vergrößert oder auflöst, lässt sich nicht genau vorhersagen.
Wie gehen Sie damit um?
Müller: Wo sich ein Hitzegewitter entlädt, sehen wir erst etwa zehn Minuten vorher. Wir sind aber immer vorbereitet. Wir beobachten Risikowetterlagen und sind im Standby. So schaffen wir es zu reagieren, auch wenn die Vorlaufzeit gering ist.
Personell scheint die Feuerwehr gut aufgestellt zu sein, aber die Hauptwache ist in die Jahre gekommen. Was machen die Neubau-Pläne?
Müller: Das Projekt hat Fahrt aufgenommen. Noch sind wir in der Grundlagen-Planung und suchen eine geeignete Fläche. Dann muss man schauen: Ist die in städtischer Hand oder muss die von privat erworben werden? Dann brauchen wir eventuell einen Flächennutzungsplan. Das wird Jahre dauern.
Die Stadt verändert sich. Der Bildungscampus etwa soll wachsen. Wie wirken sich solche Entwicklungen auf die Einsätze aus?
Müller: Für die Feuerwehr ergeben sich neue Einsatzszenarien. Bei einem Brand in einem Hochhaus, wie es beim Bildungscampus geplant ist, fahren wir eine andere Einsatztaktik als zum Beispiel im Ipai. Dort soll einiges unterirdisch realisiert werden. Dafür benötigen wir andere Einsatzkonzepte.
Klassische Einsätze bleiben Wohnungsbrände. Wie ist hier die Entwicklung?
Müller: Gebäudebrände nehmen zu. Eine Erklärung könnte sein, dass vor zehn Jahren Heimrauchmelder verpflichtend eingeführt wurden. Ich frage mich, ob jetzt die Akkus leer sind und nicht ausgetauscht werden. Vielleicht werden manche Brandmelder nicht ersetzt, sondern abgeschraubt. Auch eine veränderte Bauweise könnte eine Rolle spielen.
Inwiefern?
Müller: Wir haben heute nachhaltigere Baustoffe. Holzbau ist stark im Kommen. Oder die Wärmedämmung. Die Materialien sind nachhaltiger, aber wenn es zu einem Feuer kommt, hat man eine ganz andere Brandlast.
Bleiben Unfälle ein Schwerpunkt ihrer Einsätze?
Müller: Unfälle, an denen wir als Feuerwehr gefragt sind, scheinen weniger zu werden. Unsere Erfahrung ist, dass die Zusammenstöße so leicht sind, dass niemand eingeklemmt wird. Oder sie sind so heftig, dass die Beteiligten tot sind. Was wir außerdem feststellen, ist, dass automatisierte Notrufe von Fahrzeugen, aber auch von Handys zunehmen.
Von Handys?
Müller: Automatisierte Notrufmeldungen von Handys sind ein großes Problem. Wenn die runterfallen, kann ein Notruf ausgelöst werden. Wir sind schon zu Einsätzen gefahren, da lag das Mobiltelefon im Straßengraben. Jemand war beim Einkaufen, legte hinterher auf dem Parkplatz das Handy aufs Autodach und fuhr los. Irgendwann fiel das runter und löste aus. Das sind Einsätze, die nicht sein müssten.
So ist die Feuerwehr Heilbronn aufgestellt
Die Berufsfeuerwehr verfügt über 97 Beschäftige (Stand Ende 2024), dazu kommen 322 Ehrenamtliche der Freiwilligen Feuerwehren. 2023 absolvierte die Feuerwehr 1751 Einsätze gegenüber 1890 im vergangenen Jahr. Dies geht aus dem Jahresbericht der Feuerwehr hervor. Vor allem Menschenrettungen und Unwettereinsätze nahmen zu. Fabian Müller (42) ist seit September 2020 Kommandant.