Der Gemeinderat beschließt einen 5,2 Millionen Euro teuren Neubau an der Nordheimer Straße. Laut Feuerwehr werden sich durch den Standort die Eintreffzeiten verschlechtern.
„Den Sachvortrag und die Power-Point-Präsentation spare ich mir“, erklärte Leingartens Bürgermeister Ralf Steinbrenner. Die Argumente waren in zwei vorangegangenen Sitzungen zur Genüge ausgetauscht, von sieben potenziellen Feuerwehrhaus-Standorten fünf aussortiert worden. „Auch neue Standorte werden nicht mehr dazu kommen“, war sich der Rathauschef sicher. So war es.
Doch die Stimmung war aufgeheizt. Das Zuschauerinteresse riesig. Am Ende folgte die Mehrheit des Gemeinderats dem Vorschlag der Verwaltung: Das neue, voraussichtlich 5,2 Millionen Euro teure Feuerwehrdomizil wird an der Nordheimer Straße (L1105) gebaut. Die Nutzer des Bikeparks atmeten auf.
Die Feuerwehr will lieber in der Südstraße bleiben
Die Freiwillige Feuerwehr sprach sich in ihrer schriftlichen Stellungnahme nach wie vor für den Ausbau des jetzigen Standorts Südstraße aus. Bikepark und Nordheimer Straße ließen Verschlechterungen der Eintreffzeiten erwarten. „Wenn wir uns konkret für einen der beiden Standorte aussprechen würden, hieße es, wenn in zehn Jahren etwas wäre, die Feuerwehr hat es so gewollt“, ergänzte Kommandant Rouven Leibbrand in der Sitzung. Aus Feuerwehrsicht erfülle aber der Standort Nordheimer Straße mehr Anforderungen aus dem Feuerwehrbedarfsplan.
Layer: „Schluchtern feuerwehrtechnisch abgeschnitten.“
Matthias Layer (CDU) sah das anders. „Ausgehend vom Nordheimer Kreisel ist Schluchtern feuerwehrtechnisch endgültig abgehängt“, befürchtete er. Die vorgeschriebenen Eintreffzeiten seien nicht einzuhalten. „Das ist der schlechteste von allen Standorten.“ Nach Rücksprache mit Experten sei in seinen Augen der Bikepark der strategisch beste Platz.
„Jeder Standort hat Argumente dafür und dagegen“, resümierte Wolfgang Kretschmann. Aber wenn die Südstraße wegen der hohen Kosten und des unsicheren Grunderwerbs nicht mehr in Betracht käme, sprächen die meisten für den Nordheimer Kreisel. „Es wäre bedauernswert, wenn man da eine emotionale Sache draus macht“, so der SPD-Fraktionschef.
„Natürlich ist es eine emotionale Angelegenheit für die Feuerwehr“, gab Rouven Leibbrand zu. „Und das ist auch gut so. Denn diese Leistung nach Feierabend und mitten in der Nacht kann man nur bringen, wenn man brennt für dieses Thema“, so der Kommandant.
Gemeinderäte sind verärgert über die Stellungnahme der Feuerwehr
Richtig verärgert war FWV-Sprecher Manfred Eitel. Die Planung sei keineswegs „überhastet“, wie die Feuerwehr behaupte. Und der letzte Satz in deren Stellungnahme sei „eine Frechheit“. Dort heißt es: „Für die Entscheidung wünschen wir Ihnen ein glückliches Händchen und erwarten gemäß Ihrem Auftrag als gewählte Volksvertreter auch die Übernahme der Verantwortung und das Tragen der Konsequenzen.“ Auch Thilo Klar (CDU) gefiel das nicht. „Ich empfand das Schreiben als unverschämt“, erklärte er und sprach sich wie Eitel für die Nordheimer Straße aus.
„Wir haben selten so lange und intensiv über ein Thema diskutiert“, stellte Brigitte Wolf (Grüne) fest und bedauerte: „Die Stimmung zwischen Gemeinderat und Feuerwehr hat sich eingetrübt.“ Die Frage nach der Wertschätzung und die Standortfrage seien zu sehr miteinander verknüpft worden. Aber ein Neubau bringe auf jeden Fall eine Verbesserung, so die Fraktionssprecherin, die für die Nordheimer Straße war.
Unglückliche Verknüpfung zweier Themen
„Wenn uns der Acker an der Nordheimer Straße nicht gehören würde, wäre keiner auf die Idee gekommen, dort ein Feuerwehrhaus zu bauen“, meinte Matthias Hampel (CDU), der den Bikepark präferierte. Sie wolle „die beste Versorgung für alle Einwohner“ - und an der Nordheimer Straße sei diese nicht gewährleistet, sagte Nina Adelhelm.
„Die beiden letzten zu diskutierenden Standorte sind raus aus dem Raum, den der Bedarfsplan und die Feuerwehr für gut befunden haben“, gab André Göbl zu bedenken. Für ihn sei die Südstraße der beste Platz. Die Wehr habe zu Recht bis zuletzt dafür gekämpft. Dennoch werde er sich für die Nordheimer Straße aussprechen, sagte der SPD-Rat und frühere Kommandant. Bürgermeister Ralf Steinbrenner machte klar: „Man muss Kompromisse finden, auch wenn sie wehtun.“
Wehrleute beklagen mangelnde Wertschätzung
Heiß her ging es auch beim Tagesordnungspunkt „Neufassung der Feuerwehr-Entschädigungssatzung“. Bisher bekommt etwa der Kommandant in Leingarten 125 Euro im Monat für sein Ehrenamt. In Zukunft sollten es, so der Vorschlag der Feuerwehr, 450 Euro sein. Die Gemeinde will 300 Euro bezahlen und orientiert sich dabei an der Einwohnerzahl, wie vom Gemeindetag Baden-Württemberg empfohlen.
„Der Vorsitzende des Kreisfeuerwehrverbands Heilbronn, Reinhold Gall, hat gesagt, die Arbeit des Kommandanten sei mit der eines Zweckverbandsvorsitzenden vergleichbar“, erklärte Rouven Leibbrand. Und er habe im Jahr 2017 insgesamt 276 Termine für die Feuerwehr wahrgenommen. „Die Verantwortung, die ein Kommandant trägt, ist enorm.“
Für ihn sei der weit abweichende Vorschlag der Verwaltung, der er zudem mangelnde Kommunikation vorwarf, „zu Papier gebrachte Wertschätzung der Feuerwehr. Ich frage mich, ob wir uns weiterhin über das Maß hinaus engagieren werden, wie etwa beim Käsritt“.
Bürgermeister Ralf Steinbrenner, der auch Vorsitzender des Zweckverbands Abwasserbeseitigung Leintal ist, konnte das alles nicht nachvollziehen. Thilo Klar (CDU) fragte nach, ob die Stellungnahme ein „Fehdehandschuh sei.“