Immer wieder Martinshorn und Blaulicht in der Heilbronner Innenstadt: Ein Großaufgebot an Einsatzkräften hat die Bürger am Dienstag aufgeschreckt. Was ist da Schlimmes passiert, fragten sich viele, die vom Chlorgasunfall bei einem Chemikaliengroßhändler in der Dieselstraße nichts wussten.
Rund 120 Einsatzkräfte, davon 80 von der Feuerwehr, waren am Unfallort. Es ging glimpflich aus. Von sechs Leichtverletzten kamen zwei vorsorglich ins Krankenhaus, die am Abend wieder entlassen wurden.
War das Rettungskräfteaufgebot gerechtfertigt? Achim Gruber, Einsatzleiter der Feuerwehr, verweist auf die unklare Lage. "Chlorgasaustritt" lautete der Alarm. Wie viel und mit welcher Gefährdung für andere war unbekannt. Wenn man erst erkunde und später nachalarmiere, "verzögert sich alles um 20, 30 Minuten. Man verliert wichtige Zeit."
Hoher Aufwand Gefahrstoffe wie Chlorgas erfordern laut Gruber zudem einen personal- und technikintensiven Einsatz. Man brauche Löschfahrzeuge für den Fall, dass die Dämpfe mit Sprühwasser zu Boden gebracht werden müssen; man habe die übergelaufene Chemikalie umpumpen müssen, mehrere Trupps − etwa zehn bis 15 Mann − für Luftmessungen abgestellt. Den Kräften in Spezialschutzanzügen müssten andere beim Anziehen helfen und auch ein Sicherheitstrupp müsse bereit stehen, falls etwas passiert. Ein Abc-Zug mit einem Dekontaminationszelt war vor Ort, der Einsatzleitwagen, ein Gerätewagen Atemschutz. Als "normal" bezeichnet Gruber den Aufwand für den Bereich gefährlicher Stoffe und Güter.
Der Firma Brenntag wird die Feuerwehr eine Rechnung stellen. Dies sieht das Gesetz bei Einsätzen mit gefährlichen Stoffen so vor − bei Bränden dagegen nicht. Ein Löschfahrzeug kostet 56 Euro pro Einsatz, ein Gerätewagen 45, der Einsatzleitwagen 33 Euro. Pro Feuerwehrkraft werden 38,50 Euro je Stunde berechnet, die Spezialisten in den Schutzanzügen sind mit 192 Euro viel teurer. Es werde aber nur das berechnet, "was tatsächlich im Einsatz war",erklärt Gruber. Das reine Bereitstellen von Technik und Personal zähle nicht. Einige Tausend Euro kommen dennoch zusammen.
Versichert Während die Polizei laut Gesetz zur Gefahrenabwehr arbeitet und kein Geld verlangen darf, kann der Rettungsdienst zwar eine Rechnung stellen. Aber nur an Krankenkassen oder Berufsgenossenschaften für Patiententransporte, wenn eine ärztliche Bescheinigung vorliegt, erklärt DRK-Rettungsdienstleiter Lothar Reinhard.
Brenntag erhält also zunächst nur Post von der Feuerwehr. Man werde die Rechnung begleichen, sagte ein Sprecher am Hauptsitz in Mülheim. Die Firma sei gegen derartige Schadensfälle versichert.
Bild: Einsatz beim Chlorgasunfall in der Dieselstraße: Die Feuerwehr baut die Funkverbindung am Einsatzleitwagen auf. Die Unfallursache ist weiter unklar. (Foto: Sawatzki)