Das Klinikum Löwenstein hatte aus Anlass seines 50-jährigen Jubiläums die Feuerwehren aus dem Landkreis sowie interessierte Bürger zu einem Vortrag durch Brandamtsrat Horst Thiem von der BF München eingeladen. Thiem beschäftigt sich seit mehreren Jahren intensiv mit den Gefahren für Einsatzkräfte durch PV-Anlagen. Geschäftsführer Dieter Bopp durfte über 200 Gäste willkommen heißen.
Der Vorsitzende des Kreisfeuerwehrverbandes Reinhold Gall bedankte sich bei der Klink Löwenstein dafür, dass sie Horst Thiem in den Landkreis geholt hat. Auch wenn es für die Feuerwehren kein neues Thema ist, ist man trotzdem für Tipps und Erfahrungen stehts offen.
Thiem führte in seiner Einleitung aus, dass es sich bei Photovoltaikanlagen um elektrische Anlagen im weitesten Sinne handelt. Im Einsatz gelten für die Feuerwehren daher die gleichen Sicherheitsmaßnahmen wie bei normalen elektrischen Anlagen. Generell unterscheiden muss man aber, ob es sich um netzgekoppelte Anlagen handelt, die Strom ins öffentliche Netzt einspeisen, oder ob es netzferne Anlagen sind, die ihre Energie z.B. in Akkus speichern. Sehr häufig findet man solche sogenannten Inselanlagen bei Ticketautomaten oder Notrufsäulen. Da hier die Spannung unter 120 Volt liegt, stellen sie, im Gegensatz zu netzgekoppelten Anlagen, keine besondere Gefahr im Einsatzfall dar. Bei netzgekoppelten Anlagen liegen Spannungen bis 1.000 Volt an. Geplant ist sogar eine Erhöhung auf bis zu 1.500 Volt. Der Strom kann dabei mehrere Ampere betragen. Nach VDE sind mehr als 120 Volt lebensgefährlich.
Für die Einsatzkräfte ist es im Einsatz wichtig, dass man Photovoltaikanlagen erkennt. Derzeit gibt es noch keine vorgeschriebene Beschilderung von solchen Anlagen. Allerdings wird dies in wenigen Tagen erfolgen. Daher spielt die Erkundung eine wesentliche Rolle, aber auch die Trupps sind gefordert eine Rückmeldung zu geben, sobald sie im Gebäude auf Anzeichen einer PV-Anlage stoßen. Da die Module gefärbt werden können, ist es von außen auf den ersten Blick oft gar nicht erkennbar, dass eine PV-Anlage vorhanden ist. Sobald fest steht, dass eine Anlage vorhanden ist, sollt nach Möglichkeit umgehend eine Fachkraft hinzugezogen werden. Die Anlage kann zwar am DC-Trennschalter abgeschaltet werden. Da die Trennschalter aber oftmals im Keller stehen, führen die Leitungen von den Modulen auf dem Dach bis zum Keller dann immer noch Strom.
Die Gefahren durch solche Anlagen befinden sich im Bereich der normalen Gefahrenmatrix. Bei thermischer Zerstörung der Module entstehen toxische Gase, d.h. Atemschutz ist unabdingbar. Weiterhin können Teile vom Dach fallen, daher ist auf ausreichenden Trümmerschatten achten. Durch die Bausweise kann es u.U. sogar zu einer Brandausbreitung kommen, da in der Vergangenheit Module z.B. über Brandabschnitte hinweg installiert worden sind. Letztendlich dann eben noch die Gefahr durch den Strom selbst, dass es zu einem Lichtbogen kommt oder man einen elektrischen Schlag erhält. Für den Löschangriff gelten die gleichen Strahlrohrabstände von 1m bei Sprühstrahl und 5 m bei Vollstrahl wie sie bei der normalen Hausinstallation auch gelten. Wichtig zu wissen ist auch, dass beschädigte Elemente oft noch funktionsfähig sind.
Durch seine Mitwirkung in verschiedenen Gremien im Bereich von PV-Anlagen konnte Thiem mittlerweile auch die Industrie auf die Problematik, die Feuerwehren bei Einsätzen haben, aufmerksam machen. In einer Handlungsempfehlung wurden zwischenzeitlich Verhaltenshinweise gegeben. Den Feuerwehrwehrkommandanten ist diese Mitte September zugegangen. Auch der Gesetzgeber hat reagiert. Künftig muss bei neu errichteten Anlagen ein Hinweisschild angebracht werden, das die Einsatzkräfte vor der potenziellen Gefahr warnt. Zudem erläuterten die ebenfalls Anwesenden Vertreter von KACO und Würth-Solar, dass man mit Hochdruck an Lösungen arbeitet, um die Stromtrennung künftig direkt an den Modulen vornehmen kann.
Bild: BAR Horst Thiem