Ein Massenunfall mit hunderten Verletzten, ein flächendeckender Stromausfall oder extremes Hochwasser − die Region Heilbronn ist wie andere auch nicht ausreichend darauf vorbereitet. Das ist das Fazit einer Diskussionsrunde, die der Kreisfeuerwehrverband Heilbronn am Mittwochabend im Gebäude der AOK veranstaltete.
Funktioniere ein Großeinsatz nicht, "stehen wir Einsatzkräfte in der Kritik", betont Verbandsvorsitzender Reinhold Gall. Es sei für alle eine Pflicht, die Zusammenarbeit im Katastrophenschutz zu verbessern.
Kein Puffer Gall will die Diskussion anschieben und hat eigens Christoph Unger, den Chef des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, nach Heilbronn eingeladen. Für Unger ist Deutschland das Land, in dem Feuerwehr und Rettungsdienst "so schnell kommen wie sonst nirgends auf der Welt". Mit Blick auf extreme Naturereignisse, Massenunfälle und Terroranschläge sieht er jedoch Handlungsbedarf. "Der Staat allein schafft es nicht." Stromversorger, Krankenhäuser, Firmen müsse man früh in Planungen einbeziehen und "echte Risikoanalysen" erstellen. Mehr Pumpen fürs technische Hilfswerk oder der Einsatz von Löschflugzeugen bei Waldbränden nennt er Beispiele für Verbesserungen.
Medizinische Notfalleinheiten gibt es. Man müsse vernetzte Abteilungen aber auch "üben lassen" und ausreichend vorbereiten, fordert Dr. Karsten Homrighausen vom Landesfeuerwehrverband. Für Harald Schugt, DRK-Katastrophenschutzbeauftragter, kommt der Rettungsdienst der Region Heilbronn bei einem Unfall mit zehn bis 15 Schwerverletzten an seine Grenzen. In Kliniken seien Pufferkapazitäten zudem faktisch nicht mehr vorhanden. "Wie wollen wir da mit Szenarien mit 1000 Verletzten umgehen?"
Ersatzanlage Mit drei, vier Schwerverletzten eines Unfalls "ist eine Klinik zu", bestätigt Heilbronns Feuerwehrchef Eberhard Jochim. Bei einem Großschaden könne man Container mit Ausrüstung für die Erstversorgung aus Stuttgart und Karlsruhe anfordern. Schwerverletzte müsse man dann aber in immer weiteren Radien verlegen. Ein Massenunfall-Szenario habe man noch nie durchgespielt. "Wir werden Probleme bekommen" und es bei einem Einsatz über mehrere Tage nicht schaffen, "alles selbst zu machen".
Ein flächendeckender Stromausfall? "Da sind wir nur punktuell gewappnet", erklärt Harald Wissmann, Geschäftsführer im THW Heilbronn-Franken. Sein Verband könne mit einer Diesel-betriebenen Netzersatzanlage Strom einspeisen. Man habe damit schon Dörfer in Frankreich einige Tage versorgt. Aber: "Jede Heizung ist heute doch ohne Strom aus", sieht auch er Grenzen, materiell und personell.
Den Menschen "klar sagen, dass es diese Grenzen gibt", ist ein Anliegen von Reinhold Gall. Damit die Bürger bei einem großflächigen Stromausfall auch wissen, "dass man vielleicht nur an zehn Tankstellen im Landkreis eine Stromversorgung herstellen kann". Gall appelliert auch an die Selbsthilfe. Eine Tauchpumpe könne man sich besorgen − für den Fall, dass die Feuerwehr bei Extremhochwasser überlastet sei.
Bild: Zusammenarbeit der Rettungskräfte: Bei normalen Einsätzen klappt es in der Region gut. Für Unfälle mit hunderten Verletzten aber fehlt ein klares Konzept. (Foto: dpa)