Personenrettung und Brandbekämpfung bei der Hauptübung im Industriegebiet − 80 Feuerwehrleute vor Ort
Entzündbare Lacke, saure Beizen und chemische Bindemittel − das Gefahrenpotenzial bei der Firma Heiche Group in Schwaigern ist nicht ohne. Hier werden für die Automobil-, Maschinen- und Elektroindustrie verschiedenste Oberflächenverfahren angewandt. Die Begebenheiten vor Ort kennenzulernen, liegt deshalb sowohl der Firma als auch der Feuerwehr am Herzen. Und so ist es bei der Hauptübung der Schwaigerner Gesamtwehr das vorrangige Ziel, ein Übergreifen des angenommenen Feuers vom Verwaltungstrakt auf die Galvanik mit ihren hoch entzündbaren Stoffen zu verhindern.
Melder piepst Gemütlich sitzt der eine oder andere Floriansjünger beim Vesper, hat sich auf einen ruhigen Feierabend eingestellt. Doch daraus wird nichts. Um 18.36 Uhr piepst der Melder. Hauptübung mit fiktivem Brandeinsatz bei der Firma Heiche Group im Schwaigerner Industriegebiet.
Fünf Minuten später ist der Kommandowagen mit Feuerwehrchef Jürgen Kachel vor Ort. Was ihn hier erwartet, weiß auch er nicht. Feuerwehrkollegen haben den Einsatz geplant. Aufgeregt bringt ihn Steffen Heiche, der Sohn von Beiratsmitglied Rüdiger Heiche, in die firmeneigene Brandmeldezentrale. Hier macht sich der Kommandant anhand der angezeigten Rauchmelder ein Bild von der Lage: Es brennt im Technikraum, das Feuer hat sich bereits im Verwaltungstrakt ausgebreitet. Insgesamt zehn Personen werden vermisst, drei davon liegen im Tunnel, der zwei Gebäudeteile miteinander verbindet. Die Galvanik ist zum Glück nicht betroffen. Würde es hier brennen, wäre die Schwaigerner Wehr überfordert. Dann müsste der Gefahrgutzug alarmiert werden.
Nach weiteren sechs Minuten sausen die Fahrzeuge der Schwaigerner Abteilung an, dicht gefolgt von den Floriansjüngern aus Stetten, Massenbach und Niederhofen. Kachel weiß, was zu tun ist, delegiert die Aufgaben. Die Atemschutzgeräteträger setzen die Masken über das Gesicht und hieven die Sauerstoffflaschen auf den Rücken. Doch ehe sie sich auf den Weg in die verrauchten Räume machen, notiert Feuerwehrmann Maik Widowski genau ihre Namen, die Uhrzeit und den Luftvorrat in den Flaschen. Er koordiniert die insgesamt zehn Trupps, die sich auf die Suche nach den Verletzten machen.
Flink bauen die Helfer die Wasserversorgung auf, zapfen Hydranten an und legen eine Leitung zum neuen, rund zwei Kilometer entfernten und 90 Kubikmeter fassenden Löschwasserbehälter in der Siemensstraße. Für die erste halbe Stunde, so Kachel, reicht das Wasser in dieser Vorrichtung. „Dann holen wir es aus dem Bach.“
Drehleiter Aufgeregt winken zwei Frauen vom Balkon im zweiten Stock. Der Weg nach draußen ist ihnen durch den Brand versperrt. Die Leitstelle hat für die Übung auch die Freiwillige Feuerwehr aus Eppingen mit der Drehleiter alarmiert. Und so schwebt nicht nur Henriette Heiche, die Frau von Rüdiger Heiche, sondern auch Annika Heinz von der Jugendfeuerwehr, auf der Trage liegend, acht Meter nach unten dem sicheren Boden entgegen.
An einem Pinboard haben die Führungskräfte um Einsatzleiter Jürgen Kachel die Gebäudesituation angebracht, auf großem Papier den Ablauf des Einsatzes genau notiert. „Das hier ist der Feldherrenhügel“, scherzt Kachel und erklärt, dass ihn im Ernstfall diese optische Lagedarstellung unheimlich entlastet. Er muss nicht viel erklären, alle wichtigen Infos sind auf den ersten Blick ersichtlich.
Nach fast einer Stunde, um 19.32 Uhr, ist die letzte Person gerettet und das angenommene Feuer eingedämmt. Rund 80 Floriansjünger haben dazu beigetragen. Henriette Heiche ist beruhigt und weiß die insgesamt 180 Beschäftigten, die hier in drei Schichten arbeiten, gut aufgehoben. „Die Feuerwehrleute machen das perfekt, sie sind sehr gut organisiert.“