Selten blickt die Heilbronner Feuerwehr bei ihrer Jahreshauptversammlung derart weit über die Grenzen der Region und des Landes hinaus wie in diesem Jahr: Nach Japan richtete Kommandant Eberhard Jochim am Freitagabend seine Gedanken - weil sich an der Katastrophe ablesen lässt, was Feuerwehr bedeutet.
Immer wieder, so Jochim in der gut gefüllten Neckarhalle, »hörte man in den vergangenen Tagen, dass Feuerwehren eingesetzt sind, um den Super-GAU abzuwenden«. Angesichts des vorher nicht vorstellbaren Ausmaßes der Katastrophe »wird auf die Feuerwehren gesetzt, damit diese wie selbstverständlich ihr eigenes Leben für das Millionen anderer einsetzen«. Dies, wünscht sich Jochim, »sollte sich jeder, vor allem auch Politiker, immer vor Augen halten, wenn es um Kürzungen und Streichungen bei Schutzausrüstungen und Geräten für die Gefahrenabwehr geht«.
Böse Folgen
Wie wichtig eine leistungsfähige Feuerwehr und wie folgenreich ihre Arbeit ist, zeigte Jochim anhand der möglichen Auswirkungen eines Großbrandes auf die regionale Wirtschaft auf: Kann ein Brand in einem Betrieb nicht rechtzeitig eingedämmt werden, »kommt die Produktion über längere Zeit zum Erliegen, wandern langjährige Kunden aufgrund von Lieferschwierigkeiten ab, und das trifft das Unternehmen, die Stadt und besonders die Arbeitnehmer vor Ort«.
Nicht ohne Grund also spendierte ein Heilbronner Spediteur den Feuerwehrleuten eine vierstellige Summe für die Verköstigung an ihrem Hauptversammlungsabend, wie Oberbürgermeister Helmut Himmelsbach in seiner Ansprache verriet: Bei dem Großbrand in der Heilbronner Austraße im November hatten die 134 Einsatzkräfte verhindert, dass sich das Feuer auch noch auf angrenzende Hallen ausbreitete.
Zu den weiteren Großeinsätzen, an die der stellvertretende Kommandant Achim Gruber im Rückblick auf das Jahr 2010 erinnerte, zählen die Bergung eines tödlich verunglückten Eistauchers aus dem Breitenauer See, ein Feuer im Kohlebunker des EnBW-Kraftwerks, der Brand des Böckinger Szenelokals Gartenlaube, der Hochwassereinsatz nach einem schweren Sommergewitter und zahlreiche Unfälle.
Dank per Mail
Aus einem völlig zertrümmerten Auto retteten die Floriansjünger nach einer Massenkarambolage auf der A 6 einen Mann, der sich nun vor wenigen Tagen per Mail bei den Helfern bedankt hat: »Allen eingesetzten Kräften, die durch die extrem hohen Außentemperaturen physisch und psychisch voll gefordert waren, nochmals ein besonderer Dank«, las Gruber vor. Kritisch sieht man bei der Feuerwehr die Aussetzung der Wehrpflicht und die befürchteten Folgen.
Durch die Umstrukturierung der Bundeswehr »wird sich auch bei der Feuerwehr in den nächsten Jahren einiges ändern«, blickte Gruber in die Zukunft: Mit der Wehrpflicht fallen zugleich jene Freiwilligen weg, die sich stattdessen vier Jahre lang für den Katastrophenschutz verpflichtet hatten. Fünf bis sechs Mann pro Jahr, peilt Feuerwehrsprecher Günter Baumann über den Daumen, sind das bisher gewesen. »Viele davon«, sagt Baumann, »sind auch danach bei der Feuerwehr geblieben.« Eine Überraschung erlebte Herbert Kilper (61): Für 41 Jahre bei der Biberacher Wehr wurde er zum Ehrenmitglied ernannt.
Jede Menge zu tun
Zu 1629 Einsätzen wurden Berufs- und Freiwillige Feuerwehr Heilbronn vergangenes Jahr gerufen. Es galt 215 Brände zu bekämpfen und 1171 technische Hilfeleistungen zu bewältigen, unter anderem bei 126 Verkehrsunfällen und Störungen, neun Gasausströmungen, zehn Gefahrgut-, 19 Tauch- und 127 Öleinsätzen. Zudem wurde die Wehr zu 243 Fehleinsätzen alarmiert. Bei den Bränden wurden 35 Menschen verletzt, bei anderen Einsätzen 107 Personen aus teils lebensbedrohlichen Lagen gerettet. 153 Mal öffnete die Wehr Wohnungen, in 26 dieser Notfälle kam für die betagten Bewohner diese Hilfe zu spät