60 Feuerwehrleute haben am Dienstag, 23,10.2018 einen Ernstfall im EnBW Kohlekraftwerk nachgestellt. Bei der Übung löschten sie brennende Kohlewagen und dämmten schädliche Gase ein - natürlich nur simuliert mit Nebelmaschinen und Blitzleuchten.
Von Annika Heffter
„Achtung, Achtung: Feuer im Bereich Schwerölentladung, zwischen Kohleplatz und Neckar Bekohlung“, ertönt es im obersten Stockwerk des Bekohlungsleitstandes. Auf dem Gelände des Heizkraftwerks Heilbronn beginnt das Schauspiel.
Von oben hat man einen guten Überblick über das Geschehen: Blaulicht und Feuerwehrmänner, Scheinwerfer und weiße Rauchschwaden. Was ist hier passiert? Mit 13 Fahrzeugen und 60 Einsatzkräften proben die Berufs- und die Freiwilligenfeuerwehr am Dienstagabend den Ernstfall. Jedes Jahr findet eine Übung in einem der EnBW Kraftwerke der Region statt, dieses Jahr in Heilbronn.
Rettung der Arbeiter hat Priorität
Um 19.40 Uhr schrillt der Räumungsalarm über das Gelände. Durch die Lautsprecher fordert eine Stimme dazu auf, sich sofort zum Sammelplatz zu begeben. Die Gefahr: Bei Arbeiten im Schwerölpumpenhaus ist es zu einer Verpuffung und einer Öl-Leckage gekommen. Dabei sind Gase ausgetreten und Kohlewagen in Brand geraten. Später tritt das Feuer auch auf die Lok über. Arbeiter melden die Verpuffung und der Leitstand setzt den Notruf an die Feuerwehr ab.
Schon binnen weniger Minuten ist ein Löschzug vor Ort. Der erste Zugführer spricht mit dem verantwortlichen Schichtleiter, erfährt von den Gefahrenstellen und, dass fünf Menschen vermisst werden. Die Rettung der potentiell verletzten Arbeiter hat höchste Priorität. Die Feuerwehr rettet insgesamt fünf Dummys: Die Einsatzkräfte bergen zwei Arbeiter aus dem Pumpenhaus und ziehen den Lokführer aus der brennenden Lok.
Der Vermisste in der Förderbandanlage wird lange gesucht und schließlich ebenfalls in Sicherheit gebracht, und ein Mitarbeiter, der auf einem Ladekran in 18 Metern Höhe ohnmächtig geworden ist, muss mit großer Mühe mithilfe einer Drehleiter der Feuerwehr gerettet werden.
Das großangelegte Szenario wurde von einem Wachabteilungsleiter der Feuerwehr, Conrad Wagenbach, geplant. Er erläutert, dass dieses Jahr besonders Nebelgeneratoren und Blitzleuchten für die Effekte eingesetzt wurden.
Haben sich Gase ausgebreitet?
Die Verpuffung löst im Ernstfall die Freisetzung von Schadstoffen durch das Heizöl aus. Im Einsatzbus, der Leitzentrale der Feuerwehr, breiten die Einsatzkräfte eine Karte der Umgebung aus und markieren die Windrichtung. Kommandant Eberhard Jochim erklärt, dass Schadstoff-Messer der Stadt Heilbronn in die möglicherweise betroffenen Gebiete entsandt werden, um zu testen, ob die Gase sich ausgebreitet haben oder keine Verlagerung der Gefahr stattgefunden hat.
„Es ist wichtig, die Windrichtung im Auge zu behalten, um zu sehen, ob Wohngebiete von der Ausbreitung des Schadstoffes betroffen sind“, betont er. Nach knapp einer Stunde sind alle Brandherde gelöscht und alle Dummys versorgt. Der stellvertretende Betriebsleiter des Kraftwerks, Bernd Alicke, resümiert in der Nachbesprechung im großen Einsatzbus: „Die Kommunikation ist heute sehr gut gelaufen.“
Im Notfall muss man sich aufeinander verlassen können
Die Aufgabe des Kraftwerks sei es, alle Mitarbeiter zu erfassen und in Sicherheit zu bringen, den Strom abzustellen, relevante betriebliche Prozesse einzustellen und das Öl aufzufangen, ohne dass es abgepumpt werden müsse. „Sobald die Feuerwehr vor Ort ist und eingewiesen wurde, geben wir das Kommando dann vollständig an den Einsatzleiter ab“, erklärt er.
Dass die Feuerwehr bei jeder Übung unterschiedliche Teile des Geländes kennenlernt, sei sehr wichtig, insbesondere bei Dunkelheit: „Wir haben bisher immer dazu gelernt. Es ist gut zu wissen, dass wir uns im Notfall aufeinander verlassen können.“
Jährliche Großübung der Feuerwehr
Die EnBW betreibt drei Kraftwerke in der Region, in Heilbronn, Walheim und Marbach. Gesetzlich vorgeschrieben ist eine großangelegte Feuerwehrübung alle drei Jahre. Turnusmäßig kann so eine Übung pro Jahr in einem der Kraftwerke stattfinden. Die Szenarios haben jeweils andere Schwerpunkte: 2015 probte das Kraftwerk in Heilbronn den Umgang mit Schwelbränden, 2009 wurde der Fokus auf die Gefahr beim Austreten von Ammoniakgas gelegt.