Wenn es brennt, das Hochwasser im Keller steht oder ein Verkehrsunfall passiert, kommt die Feuerwehr. Das weiß jedes Kind. „Was aber, wenn es keine Feuerwehr mehr gibt?", fragt die Stadt Brackenheim in einem Brief, den sie an 2500 Bürgerinnen und Bürger zwischen 16 und 30 Jahren geschickt hat.
Sollstärke Ganz so dramatisch stellt sich die Situation in der Flächenstadt mit insgesamt neun Löschzügen noch nicht dar. Dennoch halten Verwaltung und Freiwillige Feuerwehr rechtzeitige Nachwuchswerbung für notwendig. „Es ist zu beobachten, dass wir mit der Stärke unserer Löschzüge in den Stadtteilen zunehmend Probleme haben", sagt Bürgermeister Rolf Kieser. Am meisten schwächelt Dürrenzimmern mit nur noch zwölf Mitgliedern. Ein funktionsfähiger Löschzug müsste eine Sollstärke von 27 Feuerwehrleuten aufweisen.
Ein weiteres Problem - nicht nur in Brackenheim - ist die Tagesverfügbarkeit der Mitglieder. Sie arbeiten nicht mehr in ihrer Wohngemeinde. Oder, wie Gesamtkommandant Harald Zeyer mit Sorge beobachtet, ihre Arbeitgeber lassen sie nicht gehen, wenn sie alarmiert werden. „Dabei kann es auch von Vorteil für eine Firma sein, einen Feuerwehrmann vor Ort zu haben", findet Zeyer.
„Wir bekommen nicht von heute auf morgen Schwierigkeiten", betont Bürgermeister Rolf Kieser. Mit 182 Floriansjüngern - darunter fünf Frauen - habe die Gesamtstadt gegenwärtig eine „sehr schlagkräftige und gut ausgebildete Feuerwehr". Und seit fast elf Jahren gibt es in Brackenheim auch die Jugendfeuerwehr mit derzeit 27 Mitgliedern.
Dennoch wollen die Brackenheimer für die Zukunft gerüstet sein. Bei ihrer Werbekampagne hoffen sie auch darauf, Neubürger, Frauen und ausländische Mitbürger für die Feuerwehr zu gewinnen. Immer samstags gibt es in den Stadtteil-Magazinen Informationsnachmittage, bei denen verschiedene Einsatzszenarien gezeigt werden, man selbst mal was ausprobieren darf und Ansprechpartner für Fragen bereit stehen. Bisher war die Resonanz eher mäßig. In Dürrenzimmern kam gar niemand, in Hausen waren es sechs, in Haberschlacht vier Interessenten, berichtet Harald Zeyer.
Sinnvoll „Helfen, Verantwortung übernehmen gegenüber der Gemeinschaft, Kameradschaft", nennt der stellvertretende Gesamtkommandant Werner Döbler als Argumente, mitzumachen. „Es ist ein sinnvolles Hobby. Man kann etwas zurückgeben, was man von anderen erwartet", findet Marion Thiel, 1991 die erste Feuerwehrfrau in Brackenheim und heute Ausbildungsleiterin. „Die Technik der großen Fahrzeuge" interessiert beispielsweise den 26-jährigen Jens Schunke, der in Haberschlacht und Brackenheim Doppeldienst macht.
Überredet wird niemand. Denn wer sich dazu entschließt, Feuerwehrmann oder -frau zu werden, muss bereit sein, viel Zeit dafür zu opfern. „Das Einzige, was freiwillig ist, ist der Eintritt. Der Rest ist Dienstpflicht", betont Kommandant Harald Zeyer. „Wir legen Wert auf eine gute Ausbildung, und die ist zeitintensiv."
Es gibt auch ganz pragmatische Gründe, zur Feuerwehr zu gehen. Tobias Gaab (23), der allerdings schon vier Jahre in der Jugend war, hat sich für sechs Jahre dienstverpflichtet, um nicht zur Bundeswehr zu müssen. „Der Großteil, der deswegen kommt, bleibt nach den sechs Jahren dabei", weiß Zeyer.
Bild: Begeisterte Feuerwehrleute: Marion Thiel, Tobias Gaab, und Jens Schunke (von links) freuen sich auf viele neue Kameraden. (Foto: Claudia Schönberger)