Ohne handeln, keine Zukunft? - Rückblick und Ausblick der Feuerwehr - Personalsorgen und Platzprobleme
171 – das war die Leitzahl der freiwilligen Wehrleute aus der Kurstadt im Jahr 2019. Denn 171 Mal mussten sie ihre gewohnte Umgebung verlassen und wurden von jetzt auf gleich mit Schicksalsschlägen konfrontiert. „Ein Motorrad fuhr frontal in ein Auto und fing Feuer, der Zweiradlenker starb. Auf der Autobahn rettete sich ein Unfallfahrer mit gebrochenen Beinen auf das Dach seines Führerhauses. Das sind Dinge, die einem in Erinnerung bleiben“, erzählt der Bad Rappenauer Feuerwehr-Kommandant Felix Mann telefonisch gegenüber der RNZ.
Eigentlich und „viel lieber“ hätte er diese Fakten im Rahmen der für Anfang März anberaumten Jahreshauptversammlung vorgetragen. „Doch dann kam Corona und funkte dazwischen“, scherzt Mann. Und so fügten sie sich ihrem Schicksal, „die Ehrungen werden wir nächstes Jahr noch nachholen und den ein oder anderen Tagesordnungspunkt“.
Der vorgelegte Jahresbericht umfasst 57 Seiten und liest sich dynamisch: Die Wehr-Abteilungen Wollenberg und Kernstadt erhielten neue Lösch- und Rüstfahrzeuge. Weitere Fahrzeuge sollen für die Kernstadt noch folgen. Unter anderem muss ein neuer Gerätewagen Logistik her, um das 35 Jahre alte Vorgängermodell zu ersetzen. Die Kosten hierfür belaufen sich auf etwa 400.000 Euro. Das Ausschreibungsverfahren ist in vollem Gange, doch einen Zeitpunkt für die In-Dienst-Stellung konnte Mann noch nicht nennen.
Viel Umtrieb gibt es auch bei den Gerätehäusern: Die Abteilung Obergimpern kann in diesem Jahr die Sanierungsarbeiten an ihrer Wache als beendet melden. Unter anderem erhielten sie eine Geschlechtergetrennte Umkleidekabine fernab der Fahrzeughalle und somit giftigen Dämpfen. Für die Abteilung Grombach soll ein neues Gebäude kommen. Die Planungen, sagt Mann, laufen bereits. Man sei aktuell mit dem Grundstückserwerb beschäftigt.
Das große Sorgenkind der Kurstädter ist aktuell jedoch ihr eigenes Feuerwehrhaus: „Es platzt schlichtweg aus allen Nähten“, erklärt der Stadtkommandant und listet die Mängel aus. „Es fehlen Spinde, an allen Türschwellen klebt schwarz-gelbes Band und warnt vor unebenen Stufen, es regnet zu den Toren rein, die neuen Fahrzeuge passen nicht mehr ins Gerätehaus, und auch das Kleidungslager haben in Containern auf dem Innenhof ausgesiedelt.“ Seit 43 Jahren sind die Floriansjünger in dem ehemaligen Fabrikgebäude untergebracht.
„Doch mit der Zeit ändern sich Maße und Ansprüche“, erklärt Mann und mahnt: „Wenn wir jetzt nicht handeln, verbauen wir uns die Zukunft. Das rächt sich irgendwann.“ Damit nimmt er Bezug auf fehlende Aufenthaltsräume für die Jugend, die zunehmende Größe der Einsatzfahrzeuge und eventuell nötige Räumlichkeiten für die Reinigung von Einsatzkleidung und Schläuchen sowie Geräteprüfung. Dass dies Notwendig sei, beweise auch der durch einen externen Dienstleister erstellte Feuerwehr-Bedarfsplan aus dem Jahr 2013.
Fit für die Zukunft machen sich Brandbekämpfer auch mit einer Aufstockung im Personal. Eine zweite hauptamtliche Stelle wurde geschaffen, Bewerber können sich noch bis Ende Juni melden. Eine richtige Entscheidung findet Kommandant Mann. „Wir wollen unter keinen Umständen das ehrenamtliche Personal ersetzen, aber die wachsenden Anforderungen an eine zeitgemäße Feuerwehr machen dies einfach nötig.“ Weiteren Zuwachs könne er sich – bei Blick auf flächenähnliche Kommunen – durchaus vorstellen. Was sich in Bad Rappenau genau tun werde, stehe aber noch in den Sternen.
Stolz blickt Felix Mann auf die Einsätze im vergangenen Jahr. Oft hatten betrieblich installierte Brandmeldeanlagen bei Entstehungsfeuern Alarm geschlagen und so die Wehrleute frühzeitig auf den Plan gerufen. „Wir konnten größeren Schaden oder einen Produktionsausfall abwenden und letztlich die Sicherheit von Arbeitsplätzen gewährleisten.“ Den größten Anteil an den Einsätzen haben nach wie vor Hilfeleistungen mit Menschenrettung (35 Einsätze). Hier öffneten die Wehrleute Wohnungstüren, befreiten Menschen aus ihren Unfallwracks oder retteten verunglückte Bauarbeiter aus Gruben.
An der Unfall-Belastung auf der Autobahn A6 habe sich Mann zufolge im vergangenen Jahr nichts geändert. Gerade deshalb trainierten sie ihr Können an einem Simulator für Lkw-Unfälle. Häufig werden die Männer und Frauen mit schlimmen Bildern konfrontiert. „Oftmals sind es auch Einsätze auf den Landes- und Kreisstraßen, bei denen die Opfer den Einsatzkräften persönlich bekannt sind.“ Das unterstreiche die Wichtigkeit von Personal-Schulungen im Umgang mit psychosozialer Nachbesprechung im Team.
Personalengpässe in der Kernstadt selbst gibt es Mann zufolge nicht. Er blickt jedoch sorgenvoll in die ländlichen Auswüchse Bad Rappenaus, nämlich Wollenberg und Heinsheim. Aktive Mitglieder gingen in die Altersmannschaft über und der Nachwuchs fehlt. „Hier haben wir richtig Bedarf und müssen für uns werben.“ Dabei soll auch die seit Anfang dieses Jahres verschlankte Jugendfeuerwehr helfen. Statt wie bisher üblich an allen sieben Abteilungen, wird der Löschnachwuchs nur noch an zwei Standorten zusammenkommen. Ein praktischer Beweis, wie gut es angenommen werde, stehe noch aus, „es gibt allerdings positive Resonanz von Eltern wie von Kindern und wir blicken auf ein vielversprechendes, aufeinander aufbauendes Konzept.“
Erst einmal unbesorgt lassen den Kommandanten die durch Corona ausgesetzten Übungen. „Wir sind in 2019 schon ein strammes Programm gefahren und konnten uns einen kleinen Puffer schaffen.“ Auch wurden von den Abteilungen kleine Übungsvideos erstellt, die anschließend von der Feuerwehr-Jury prämiert wurden. Eine coole Sache, findet Mann und schaut erwartungsvoll auf die nächste Generalversammlung in 2021.