Mitte der 90er-Jahre mussten alle Feuerwehren in Baden-Württemberg auf die vom Land vorgeschriebene Einsatzkleidung 90 umrüsten, das Land Baden Württemberg hat diese Einsatzkleidung verbindlich vorgeschrieben und bezuschusst. Die Schutzjacke war in Farbe orange.
Das vertraute Bild dieser orangefarbener Einsatzjacken gehört nun bei der Feuerwehr Bad Friedrichshall der Vergangenheit angehören. Schon bei der Abnahme der Leistungsübungen am letzten Juniwochenende waren die neuen rot-gelben Schutzanzüge zu sehen. Am 5. Juli wurden alle aktive Angehörige mit der neuen Jacke ausgestattet.
Der Grund für die Umstellung ist die Änderung und Erweiterung der Norm für Feuerwehreinsatzkleidung im Jahr 2007, die das bestätigte, was Feuerwehrleuten aus der Praxis schon längst bekannt war und allseits bemängelt wurde: Die gängige Einsatzkleidung entsprach – insbesondere im Brandeinsatz – nicht mehr den gestiegenen Anforderungen. Durch die Einführung zahlreicher moderner Kunststoffe im Fahrzeug- und Wohnungsbau sowie die neuartigen Isolationstechniken und Dämmstoffe haben Brände heute einen anderen Charakter: Sie entwickeln sich oft heimtückisch als Schwelbrände mit hochgiftigen heißen Rauchgasen, die bei plötzlicher Sauerstoffzufuhr durch Bersten einer Fensterscheibe oder Öffnen der Tür zum Brandraum zur Rauchgasdurchzündung mit gleichzeitiger enormer Hitzeentwicklung und Stichflammenbildung neigen.
Bei solchen Vorkommnissen konnte die herkömmliche Einsatzkleidung, insbesondere die Hosen, nicht ausreichend schützen, was bei Einsatzkräften oft zu Verbrennungen führte. Deshalb werden bei der Feuerwehr Bad Friedrichshall bereits seit vielen Jahren auf den Fahrzeugen Überhosen für die Atemschutzeinsatztrupps mitgeführt und 2007 alle Atemschutzgeräteträger mit neuen Einsatzhosen der neuen Schutzstufe 2 ausgestattet.
Bei den bisherigen orangefarbenen Einsatzjacken war nachteilig, dass die Reflexstreifen nach mehrmaligem Waschen vergrauen und nicht mehr ausreichend reflektieren. Zudem mussten im Straßenverkehrsraum zusätzlich Warnschutzwesten getragen werden. Hinderlich war auch die Länge der Jacken bei Einsätzen in gebückter Halterung oder auf den Knien. Zudem waren viele Jacken durch die Vielzahl von Einsätzen und Übungen verbraucht. Bereits in der Vergangenheit mussten Jacken ersetzt werden.
Vor diesem Hintergrund stellte die Feuerwehr Bad Friedrichshall 2008 bei der Stadt einen Antrag auf Beschaffung neuer Einsatzkleidung, die der inzwischen gültigen Norm entsprechen sollte. Der Antrag wurde bewilligt und eine erste Rate im Haushalt eingestellt. Damit begann ein zwei Jahre langer Weg mit unzähligen Besprechungen und zahlreichen Angeboten, die gesichtet werden mussten, bis zum Schluss drei Muster in die nähere Auswahl kamen, die nochmals ausgiebig geprüft wurden. Schon schnell entschied man sich, dass die Einsatzkleidung nicht blau sondern wieder orange oder rot sein soll.
Für die Wahl der hellen Farbe haben mehrere Faktoren gesprochen. Zum einen sind Verschmutzungen (besonders durch Brandruß und andere giftige Stoffe) leicht sichtbar, die Schutzjacke wird regelmäßiger gereinigt. Zum anderen schluckt eine helle Kleidung weniger Hitze – besonders wichtig bei „heißen“ Brandeinsätzen und im Sommer. Wichtigster positiver Nebeneffekt ist, dass die Einsatzkräfte am Tag und in der Dämmerung besser zu erkennen sind.
Ein weiterer wichtiger Punkt für die Bewertung der neuen Einsatzkleidung war die Beurteilung über den Tragekomfort. Gebückt, auf den Knien oder auf dem Boden sind die Einsatzkräfte oftmals gefordert, wenn es gilt, Menschenleben zu retten oder Sachwerte zu schützen. Besonders bei Brandeinsätzen und dort beim Innenangriff mit Atemschutzgeräten, spielt die persönliche Schutzausrüstung eine besonders wichtige Rolle. Daher sollte die Jacke nicht zu lang sein, aber wegen der Schutzwirkung im Überlappungsbereich Hose/Jacke auch kein Blouson sein.
Im Feuerwehrausschuss entschied man sich unter Einbeziehung aller aktiven Angehörigen dann für die Brandschutzbekleidung Fireliner, Modell 1960 Spacer, der Firma Consultiv AG. Das Obermaterial ist aus Nomex XRS und hitzebeständig bis etwa 450° C Eigentemperatur. Zusätzlicher Schutz wird durch den dreilagigen Aufbau mit einer PU-Membrane, hitzebeständig bis 230°C Eigentemperatur, erreicht. Die Schutzkleidung ist antistatisch und kurzzeitig beständig gegen Säuren und Laugen. Die Farben Rot und Leuchtgelb mit zusätzlichen Reflexstreifen gewähren eine so optimale Wahrnehmbarkeit, so dass Warnwesten im Straßenverkehr für die Einsatzkräfte entfallen können.
Die Brandschutzkleidung Fireliner ist speziell geeignet für den Einsatz an Hitzequellen. Auch bei kurzzeitigem Kontakt mit offenem Feuer ist der Träger vor Verletzungen geschützt. Diese Kleidung bietet nicht nur maximalen Schutz im Innenangriff, sondern schützt auch vor Wettereinflüssen. Die Trageeigenschaften werden von den Einsatzkräften als angenehm bewertet, insbesondere wegen dem kurzen Schnitt, dem leichten Gewicht und der Passgenauigkeit. Bei der Anprobe nach der Bestellung wurde für jeden Angehörigen, u.a. durch Änderungen der Ärmellänge, die optimale Größe festgelegt.
Insgesamt wurden für die Aktiven aller Abteilungen 110 Uniformjacken gekauft und am 5. Juli 2010 im Beisein von Bürgermeister Peter Dolderer ausgegeben. Bei der Übergabe der neuen Schutzkleidung führte Bürgermeister Dolderer aus, dass die Stadt hinter Ihrer Feuerwehr steht und den Einsatzkräften bei ihren Einsätzen den bestmöglichsten Schutz bietet, soweit dies im Rahmen des Möglichen liegt und begründet werden kann. Die Begründung in dem Antrag war überzeugend. Daher wurde bei der Beschaffung der Jacken besonderes Augenmerk auf die Qualität und Ausstattung gelegt und nicht nur nach dem Preis entschieden. Dieses Vorgehen habe sich schon bei der Beschaffung der Einsatzkleidung 90, welche inzwischen großteils 15 Jahre im Einsatz ist, bewährt. Die Gesamtkosten waren finanziell für die Stadt ein gewaltiger Brocken, da nun im Gegensatz zur erstmaligen Beschaffung der Einsatzkleidung 90, für die notwendige Ersatzbeschaffungsmaßnahme nun keine Zuschüsse vom Land gewährt werden. Die erforderlichen Finanzmittel wurden über einen Zeitraum von 3 Jahren in den Haushalten bereitgestellt und im Rahmen des Feuerwehr-Budgets jeweils übertragen.
Es wird es noch für geraume Zeit die alte und neue Einsatzkleidung nebeneinanderher geben, da die bisherige Einsatzkleidung 90 soweit möglich als Ersatz- und Übungsjacke beibehalten wird. Die ersten Reaktionen der Einsatzkräfte auf die neue Jacke waren nach den ersten Einsätzen durchweg positiv.
Bilder (Peter Klotz)1) Aktive Abteilung Bad Friedrichshall (Kernstadt)2) Aktive Abteilung Gesamtwehr3) Aktive Abteilung Duttenberg4) Aktive Abteilung Untergriesheim5) Aktive Abteilung Gesamtwehr