Mit Blaulicht und Martinshorn brausen sie zum vermeintlichen Brandort. Dann steht fest: Der Weg war überflüssig. Rund 30 Prozent der Brandeinsätze bei der Feuerwehr Heilbronn sind Fehlalarme, ausgelöst durch Brandmeldeanlagen. Ein hoher Wert. Fluch der Technik? Feuerwehrchef Eberhard Jochim sagt nein.
„Fast jeden Tag“, überschlägt Jochim, „fahren wir zu einem Fehlalarm raus.“ 250 Fehlalarme sind es im Schnitt pro Jahr. Die kommen von Brandmelde- oder Sprinkleranlagen vor allem in Industriefirmen und Lagerhallen, in Kaufhäusern, Theatern, Hotels, größeren städtischen Gebäuden oder Schulen.
Ab einer bestimmten Gebäudegröße sind automatische Brandmeldeanlagen Vorschrift, da Vollbrände von großen Gebäudekomplexen für die Feuerwehr nicht mehr beherrschbar wären. An 285 Anlagen ist die Heilbronner Wehr für den Notfall angeschlossen. Vor zehn Jahren, vergleicht Jochim, „ war das nicht mal die Hälfte“.
Dass eine defekte Technik immer wieder schuld an den unnötigen Einsätzen ist, weist Jochim zurück. Die absolute Mehrzahl der Fehlalarme basiere auf Unwissen und fahrlässigen Verhaltensweisen der Menschen vor Ort. Extremes Aufwirbeln von Staub kann in Fluren einen Brandmelder-Alarm auslösen, ebenso kollektives Rauchen unter einem Melder (Jochim: „Eine Zigarette macht da noch nichts“); wenn in direkter Nähe von Meldern Schweißarbeiten ausgeführt werden, kann dies ebenso schon reichen wie wenn Lastwagen rückwärts an Lagerhallentore ranfahren, der Motor weiter läuft und kontinuierlich Auspuffabgase gen Decke steigen.
„Brandmelder reagieren auf Trübung der Luft und können nicht zwischen Abgasen und Brandrauch unterscheiden“, erklärt der Feuerwehrchef. Die technische Sensibilität der Anlagen zu drosseln, das lehnt er ab. „Dann würde man die Sicherheit runter fahren“, warnt Jochim.
Was also tun? An den Brandmeldern knallige Warnschilder anbringen? Der Feuerwehrchef ist skeptisch. Firmen hätten zum Teil 1000 einzelne Melder, in einer Kaufhausetage seien es sicher 100 und mehr.
Bei Handwerkerarbeiten mit Rauch- oder Funkenentwicklung könnte man einzelne Melder kurzfristig deaktivieren, regt Jochim an. Personal besser schulen, ist eine weitere Möglichkeit, doch bei der Vielzahl von in Firmen arbeitenden Menschen oder von Besuchern in öffentlichen Gebäuden sei das keine Garantie.
Eine Frage kommt in den Sinn: Wieso ruft die Feuerwehr im Alarmfall nicht schnell zurück, ehe sie ausrückt, um Fehlalarme gleich auszusortieren? Erst vor Ort könne man entscheiden, was los ist, so Jochim. Wenn eine Firma zunächst fünf Minuten suchen müsse, „würde Zeit für die mögliche Rettung fehlen“. Ab 17 Minuten im Brandrauch sinkt die Überlebenschance für Brandopfer gegen Null.
Für den Feuerwehrchef und die Mannschaft stellen die Fehlalarme eine klare Mehrbelastung dar. Doch durch die Entwicklung zu immer größeren Gebäudekomplexen gerade bei Industriebauten sei die Tendenz vorgegeben. Jochim: „Fehlalarme von Brandmeldeanlagen wird's weiter geben.“ Dies sei der Preis für die Sicherheit.
Info: Der Verursacher eines Fehlalarms muss das Ausrücken der Feuerwehr (Standard: drei Einsatzfahrzeuge) bezahlen. Bei einem Einsatz unter 30 Minuten berechnet die Heilbronner Wehr 265 Euro Gebühr, bei mehr als 30 Minuten 460 Euro.