Kreisfeuerwehrverband Heilbronn

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Elfjährige rettet Leben ihrer Schwestern

Bad Friedrichshallvon Wolfgang Müller, HSt

Der Schock steht Princess Ojujoh-Lorenz zwei Tage nach dem Unglück noch ins Gesicht geschrieben. „Ich kann das alles gar nicht begreifen“, sagt die 32-jährige Nigerianerin, die bis Freitagnacht mit ihren vier Töchtern in Bad Friedrichshall gewohnt hat. Dass ihre Kinder noch leben, verdankt sie einem Zufall.

Wie aus heiterem Himmel ist ihre elfjährige Tochter in der Nacht zum Samstag gegen zwei Uhr aus ihrem Schlaf aufgewacht und hat im Zimmer nebenan Feuer entdeckt. „Am Rauch kann es nicht gelegen haben“, sagt der Bad Friedrichshaller Feuerwehrkommandant Kurt Semen, der in der Nacht zusammen mit 20 Kameraden den Brand bekämpft hat. „Der bewirkt nämlich eher, dass man sogar noch tiefer schläft“, erklärt der Experte.

Die schrecklichen Augenblicke hat die Elfjährige noch deutlich vor Augen. „Ich bin nach unten gelaufen und habe geschrien: Feuer, Feuer. Es brennt. Es brennt.“ Dass sie damit das Leben ihrer Schwestern gerettet hat, ist ihr zwei Tage später noch gar nicht klar. „Dabei haben wir ihr zuerst gar nicht geglaubt“, sagt die 15-jährige Schwester China, die mit Esther (13) und Bethel (6) in den unteren Räumen der Wohnung geschlafen hatte.

Wenige Momente später war aber klar: Das gesamte obere Stockwerk brennt. Die Flammen züngelten sogar schon aus dem Giebelfenster heraus. „Wir haben schnell ein paar Decken, Schuhe, Jacken und das Handy eingepackt, sind nach draußen gerannt und haben die Feuerwehr gerufen“, berichtet das älteste der vier Mädchen. „Das war vorbildlich“, lobt Feuerwehrchef Semen. „Das hätte Tote geben können.“ Außer der fünfköpfigen Familie leben noch weitere sechs Personen in den fünf Wohnungen des alten Gebäudes.

Die Mutter traf die Hiobsbotschaft gegen halb vier Uhr morgens wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Sie war gerade in Mannheim, wo sie mit der nigerianischen Gemeinde Heilbronn ein Gospelkonzert gegeben hatte. „Ich war geschockt.“ Eine Stunde später erwartete sie in ihrer Wohnung ein Bild des Grauens. Unter dem Dach der ehemaligen Judenschule der Kochendorfer Israelitengemeinde ist alles kohlrabenschwarz vom Feuer. Kleidung, Gospelinstrumente, Bücher, elektrische Geräte - alles ist nur noch Schutt und Asche. Welchen Schaden das Wasser im unteren Geschoss angerichtet hat, ist noch nicht klar. Auch die Brandursache stand bis Redaktionsschluss noch nicht fest. Als Ursache wird aber ein technischer Defekt vermutet.

Erst im April war die Familie, die von der sozialpädagogischen Familienhilfe des Landratsamtes Heilbronn betreut wird, von Schwaigern in die Kochendorfer Wohnung gezogen. „Jetzt haben wir nichts mehr“, sagt Princess Ojujoh-Lorenz. Untergebracht sind die Fünf jetzt bei einem befreundeten Ehepaar im Heilbronner Stadtteil Böckingen. „Wir rücken jetzt eben ein bisschen zusammen“, sagt Samuel Sowoh aus Ghana. Zusammen mit seiner Frau Ethel wohnt er ansonsten zu zweit in der rund 70 Quadratmeter großen Wohnung.

Wie es allerdings für die fünfköpfige Familie weitergeht, steht derzeit noch in den Sternen. In den nächsten Tagen soll geklärt werden, ob das Landratsamt eine Notunterkunft zur Verfügung stellen kann. Die Miete hatte bislang die Arge Heilbronn bezahlt.

Bild 1: Das obere Stockwerk der Wohnung ist völlig ausgebrannt. Der Besitz der Familie Ojujoh-Lorenz ist nur noch Schutt und Asche. (Foto: Feuerwehr Bad Friedrichshall)Bild 2: Die Flammen züngelten auch aus dem Fenster. (Foto: Rudolf Landauer, HSt)Bild 3: Die elfjährige Ada Ojujoh (links) hat mit ihrer geistesgegenwärtigen Tat das Leben ihrer Schwestern Bethel, Esther und China gerettet. Mutter Princess Ojujoh-Lorenz ist jetzt mit ihren Töchtern vorübergehen bei Freunden untergekommen (Foto: HSt)