Es ist kurz nach 8 Uhr. Ein Anruf geht in der Notrufzentrale in Heilbronn ein. Eine Frau meldet sich. Ihrem Mann sei schwindelig, sagt sie. Er sei verwirrt, beinahe nicht ansprechbar. Von der Leitstelle werden ein Rettungswagen und ein Notarzt alarmiert. Sie fahren zu dem hilflosen Mann nach Kirchardt.
Szenario Um einen echten Notfall handelt es sich nicht. Das Szenario entspringt einem Computerprogramm, dem Leitstellensimulator LstSim. Entwickelt wurde das Programm von Serhan Sen, einem Studenten der Wirtschaftsinformatik der Hochschule Heilbronn.
Bei LstSim steuert der Spieler eine eigene Leitstelle, er nimmt Notrufe entgegen, schickt Krankenwagen raus, alarmiert Polizei und Feuerwehr. Alles möglichst original- und detailgetreu, versichert Entwickler Sen. Zusätzlich verwendet das Spiel einen Kartendienst, der die Routen der eingesetzten Krankenwagen darstellt. Ein Prototyp für den Simulator war schnell erstellt. Etwa einen Tag habe er dafür benötigt, erzählt Sen. Seit Juni 2010 kann jeder das Spiel im Internet kostenlos abrufen. „Es ist realistisch, aber auch darauf ausgelegt, dass es Spaß macht“, sagt Sen. Der 23-Jährige hat bei der Programmierung des Simulators eigene Erfahrungen eingebracht. Nach seinem Abitur hat er ein Freiwilliges Soziales Jahr beim Arbeiter Samariter Bund (ASB) gemacht.
Einnahmen erzielt Sen nicht mit seinem Leitstellensimulator. „Aus rechtlichen Gründen ist es einfacher, wenn das Spiel nicht kommerziell ist“, erklärt er. Dass es das kostenlose Programm gibt, hat sich schnell herumgesprochen. Mittlerweile sind jeden Monat mehr als 10 000 Spieler aktiv. Ein Erfolg, der auch Sen überrascht. Vor allem in Rettungsdienstkreisen sei LstSim bekannt. „Ich habe zu keinem Zeitpunkt Werbung für das Spiel gemacht“, sagt der 23-Jährige.
Baukasten Die Spielergemeinschaft bringt sich in die Weiterentwicklung des Programms mit ein. Mit einer Art Baukasten können sie eigene Leitstellen erstellen. So entstand auch ein originalgetreues Abbild der Integrierten Leitstelle Heilbronn. Doch dafür sei viel Recherche notwendig, sagt Sen. Krankenhäuser, Arztpraxen und Fahrzeuge müssten zum Spiel hinzugefügt werden. Einfach ist die Simulation nicht. „Für Rettungsdienstmitarbeiter ist es machbar“, sagt Sen. „Wenn man nichts mit dem Rettungsdienst zu tun hat, wird es schwierig.“
Auch wenn der Simulator realitätsgetreu programmiert wurde: Die Arbeit in einer echten Leitstelle ist wesentlich komplizierter. Dort braucht man vor allem Menschenkenntnis und Erfahrung, weiß Sen.
Bild: Auch die Integrierte Leitstelle in Heilbronn kann bei dem Leitstellensimulator gespielt werden. Mit einer echten Leitstelle ist er nicht vergleichbar. Foto: Archiv/Veigel