Christian Sitter strahlt, als er fürs Foto die blaue Uniform der Lauffener Feuerwehr anzieht. Am Abend zuvor hat er bei einer technischen Übung mit Schere und Spreizer das Dach eines Autos abgenommen. „Da hätte ich gerne noch weitergemacht“, erzählt der 31-Jährige mit einem Lächeln. Es ist nicht unbedingt normal, dass Sitter seit fast fünf Jahren Feuerwehrmann ist, denn der junge Mann ist geistig behindert. „Es gab nie Probleme mit Christian, er war von Anfang an voll integriert“, freut sich Kommandant Heiner Schiefer über dieses erfolgreiche Beispiel von Inklusion.
Kontakt Über die WG-Betreuerin von Christian Sitter ist der Kontakt mit den Floriansjüngern zustande gekommen. „Sie sprach mich an, weil Christian so großes Interesse an der Feuerwehr hat und fragte, ob er nicht mal reinschauen könnte“, erinnert sich Schiefer. Vor allem die Fahrzeuge haben es dem jungen Mann seit seiner Kindheit angetan. „Aber ich hätte nie gedacht, dass ich mal Feuerwehrmann sein kann“, gibt Sitter zu. Als die Kollegen sehen, mit wie viel Begeisterung Sitter bei der Sache ist, überlegen sie, wie es weitergehen könnte. „Für den aktiven Dienst ist er aus gesundheitlichen Gründen nicht geeignet“, sagt der Kommandant, „deswegen haben wir ihn als Helfer bei der Jugendfeuerwehr eingesetzt.“ Eine aufregende Zeit beginnt für den Lauffener, der bei der Beschützenden Werkstätte in Talheim in der Metallabteilung arbeitet. Er übt mit dem Nachwuchs, lernt mit den Gerätschaften umzugehen.
Bedenken Schiefer erinnert sich, dass er anfangs Bedenken hatte, wie die Jugendlichen auf Sitter reagieren würden. „Aber er wurde voll akzeptiert.“ Weil es so gut funktioniert, geht er mit den Jungen in die Grundausbildung bei den Aktiven. „Das war schon schwierig, hat aber mit viel Üben gut geklappt“, berichtet Sitter stolz. Jetzt nimmt er an den monatlichen Übungen seiner Gruppe teil, geht mit zu Ausflügen oder hilft bei Festen - wie jeder andere Kamerad. Es ist sein einziges Hobby, bei dem er ausschließlich mit Leuten ohne Behinderung zu tun hat, und das gefällt Christian Sitter mehr als gut. „Hier fühle ich mich freier, weil es keine Betreuer gibt.“ Dass er als Einziger nicht mit zu Einsätzen darf, macht ihm nichts aus.
Schiefer weiß um die Stärken seines Mitglieds. „Er kennt seine Grenzen, und wenn er sich etwas nicht zutraut, sagt er es auch - und das wird akzeptiert.“ Dieses Geben und Nehmen sei der Schlüssel zu diesem positiven Inklusionsbeispiel. Auch wenn es ein Einzelfall ist, habe es beiden Seiten viel gebracht: „Ihm die Möglichkeit, dabei zu sein, uns die Offenheit in der Mannschaft.“
Auch die Stadt unterstützt das Ansinnen: Christian Sitter ist vollwertiges Mitglied, wird also versichert und bekommt eine Ausrüstung gestellt. Feuerwehr-Pressesprecher Michael Kenngott findet, dass sich Vereine generell mehr für das Thema öffnen sollten, weiß aber auch um die Grenzen. „Es muss zusammenpassen, und die Parteien müssen sich aufeinander einlassen.“
Bild: Christian Sitter (Zweiter von rechts) im Kreis von Kameraden: Er ist glücklich, dass er bei der Feuerwehr Lauffen mitmachen kann. (Foto: Stefanie Pfäffle)