Die Menschen in Deutschland werden im Schnitt immer dicker. Und das wird zunehmend auch für die Rettungsorganisationen ein schwerwiegendes Problem. Bisher mussten die Retter improvisieren. Andreas Bester von der Rettungsleitstelle des Arbeitersamariterbundes hat schon erlebt, dass die Feuerwehr ein Klinikbett komplett mit dem Kran durch die Lüfte transportierte.
Oder das DRK bat Kollegen zum Beispiel aus Karlsruhe auszuhelfen, die schon länger über ein Spezialmobil für Schwergewichtige verfügen. Doch jetzt brechen neue Zeiten an. Das DRK Heilbronn hat nun sein erstes eigenes Rettungsfahrzeug für schwergewichtige Patienten in Dienst gestellt.
„Wir sind sehr froh, dass wir das Fahrzeug haben“, sagt gestern DRK-Rettungsdienstleister Markus Stahl im Rot-Kreuz-Hauptquartier am Gesundbrunnen, wo der Wagen mit dem Kennzeichen HN-RK 8360 künftig stationiert ist. Denn die Trage in anderen Rettungsfahrzeugen war „nur“ bis zu 240 Kilo schwere Personen ausgelegt. Die neue Traglast beträgt bis maximal 300 Kilo. Die Liege ist breiter und länger, alles funktioniert hydraulisch, der Sanitäter muss keine große Kraft mehr aufwenden. „Das ist auch eine große Erleichterung fürs Personal“, unterstreicht DRK-Vizepräsident Bernhard Steck.
Zum Equipment gehört aber auch ein Stuhl mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 270 Kilo, der auf Rollen läuft. Mit diesem Sitz können Patienten besser aus höheren Stockwerken über Treppen zum Rettungsfahrzeug befördert werden. Die Ausrüstung beinhaltet zudem Gleittücher mit verstärktem Rücken, mit denen Retter sehr schwere Menschen über Treppenstufen gleiten lassen können.
Kosten Der Rettungswagen für die ganz schweren Fälle soll bei Bedarf ausrücken - und zwar im ganzen Kreis Heilbronn und in Hohenlohe. Er kostete 130 000 Euro, finanziert von den Kostenträgern, den Krankenkassen. Rettungsdienstleiter Markus Stahl lässt keinen Zweifel daran, wie notwendig die Anschaffung ist. „Früher waren solche Einsätze zwar eher die Ausnahme.“ Doch heute fällt rund einer pro Woche an, ergänzt DRK-Kreisgeschäftsführer Ludwig Landzettel: „Und wir gehen davon, dass das in Zukunft zunimmt.“
Wilhelm Salch von den Johannitern erklärt, dass die Anschaffung auch etwas mit Prävention von Rettungsassistenten und Notfallsanitätern zu tun hat. Das seien „Mangelberufe“. Nachwuchs zu bekommen, ist nicht so einfach, gleichzeitig ist die Belastung groß. Außerdem müssten die Fachkräfte die schwere Arbeit über viele Jahre hinweg leisten. Das Spezialrettungsfahrzeug ist hier eine Hilfe.
Für die extremsten der extremen Fälle steht weiterhin die Heilbronner Berufsfeuerwehr bereit. „Es kann vorkommen, dass wir Fensteröffnungen vergrößern müssen“, berichtet Feuerwehrsprecher Jürgen Vogt. Für Personen bis zu 500 Kilogramm gibt es einen Rettungskorb, der mit einem Kran zu Boden gelassen wird. Für den Transport zum Rettungskorb hat die Wehr zwei XXL-Rettungstücher mit einer maximalen Tragkraft von 500 Kilo.
Bild: DRK-Rettungsdienstleiter Markus Stahl demonstriert mit einem Probanden den Transport in das Rettungsfahrzeug für Schwergewichtige. 130?000 Euro kostete das Sondermodell, das im Kreis Heilbronn und Hohenlohe zum Einsatz kommt. (Fotos: Mugler)